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kömmt ein alter Soldat zu ihm, dem sagt er, er solle ihn ins beste Wirthshaus führen, das in der Stadt zu finden wäre, und gibt ihm einen Thaler. Allein der alte Soldat denkt: So einen Mann in schlechten Kleidern kannst du unmöglich ins beste Wirthshaus bringen, und bringt ihn in ein kleines Wirthshaus. Da sagt aber der Soldat, hier wolle er nicht bleiben, das wäre für ihn zu gering, er wolle in ein besseres Wirthshaus. Und nun erfüllt der alte Soldat seiner Wunsch, dafür gibt er ihm noch fünf Thaler. Als ihn die Wirthin sieht, sagt diese zu ihrem Manne: das wäre ja ein Bettler, den wollten sie nicht behalten. Der Wirth sagt aber: „In den schlechten Kleidern steckt manchmal ein besserer und auch reicherer Mensch als in den guten“, und führt den fremden Gast oben auf die Stube, wo ihm ein Dienstmädchen Waschwasser bringt. Dem Dienstmädchen gibt er sogleich dafür fünf Thaler. Als nun das Mädchen hinunter kommt, zeigt es den andern Dienstmädchen und den Kellnern sein Trinkgeld, da läuft der eine noch mehr hinauf als der andere, und sie bringen auch viele unnütze Sachen herauf, aber Jeder bekommt sein Trinkgeld. Als nun einstmals der Wirth selber hinauf auf die Stube kam, saß der früher so zerlumpte Soldat in der besten Majorskleidung da, und von den schlechten Kleidern war nichts weiter zu sehen. Darüber verwunderten sich Alle, die Wirthin aber freute sich und war froh, daß sie den Mann behalten hatten.

Nun wohnte nicht weit von diesem Wirthshause ein König, der hatte mehrmals den Major mit seinen goldenen Aufschlägen oder Ebeletzen[1] gesehen. Darum ließ er den Wirth zu sich kommen und fragte diesen darum, da beschied der Wirth den König, was es mit ihm sei. Darauf meinte der König: wenn der Soldat einen Wunsch erfüllen könnte, so könne er eine


  1. Epauletten.
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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_217.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)