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nicht weiter nach, wo dieses Land lag. Da wurde noch an demselben Abende die Verlobung des Studenten mit der Prinzessin gefeiert, und wenn die Prinzessin dem Studenten bei jedem Kusse, den er ihr an diesem Abende gab, noch einen Strich ins Gesicht gemalt hätte, so wäre er zuletzt gewiß so schwarz im Gesicht gewesen wie ein Schornsteinfeger.


49. Der gelehrige Dieb.


In einer Stadt wohnten ein Paar alte Leute, die hatten einen Sohn, der wollte ein Dieb werden. Der Vater war zwar dawider, konnte aber nichts dagegen thun und mußte ihn ziehen lassen. So ging der Sohn in die weite Welt. Nach einiger Zeit begegneten ihm drei Männer, die trugen Mäntel, und Degen darunter. Die fragten ihn, wohin er wolle, und er antwortete, er sei in die Welt gegangen, um ein Dieb zu werden. Die Männer erwiderten, da habe er's gut getroffen, denn sie seien selbst Diebe und lauerten soeben einem Fleischermeister aus der Stadt auf, der mit drei Ochsen des Wegs kommen würde. Er möge sogleich einmal den Versuch machen, ob er dem mit List die Ochsen abnehmen könne, ohne ihm ein Haar zu krümmen. Sie würden in der Nähe bleiben, um ihm behülflich zu sein; doch dürfe der Fleischermeister gar nicht merken, daß ihm die Ochsen gestohlen seien, denn der sei ein Rathsherr und führe das Wort auf dem Rathhause, und wenn der wüßte, daß ihm die Ochsen gestohlen wären, so würde er einen so gewaltigen Lärm schlagen, daß die ganze Stadt, und der hochwohlweise Magistrat voran, sich mit Heugabeln bewaffnete, um die Diebe aufzusuchen und zu tödten.

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_148.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)