Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 109.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


der gab ihr eine Nuß, dann kam sie an den Mond, der gab ihr wieder eine Nuß, dann kam sie an die Sonne, die gab ihr auch eine Nuß. Wie sie nun über den Glasberg gekommen war, den eisernen Stock und die eisernen Schuhe abgelaufen, auch das eiserne Körbchen voll Thränen geweint hatte, da kam sie an ein Schloß, da fand sie ihren Bräutigam als König, der wollte bald mit einer Andern Hochzeit halten. Sie aber vermiethete sich auf dem Schlosse als Hirtenmädchen. Eines Tages öffnete sie die Nußschale, die sie von dem Stern bekommen hatte und zog ein wunderschönes Kleid heraus, das glänzte wie Sternenschein, das bot sie der Braut des Königs an, und als sie nach dem Preise fragte, sprach sie: „Es ist mir nur feil, wenn ich eine Nacht mit dem Könige in seiner Kammer sein darf.“ Das gestattete ihr die Braut des Königs und nahm das Kleid, gab aber dem Könige einen Schlaftrunk, sodaß er die ganze Nacht fest schlief und seine erste Braut nicht mit ihm reden konnte. Am andern Tage öffnete sie die zweite Nußschale, die sie von dem Monde erhalten hatte und zog noch ein schöneres Kleid daraus hervor; das glänzte wie Mondenschein. Sie verkaufte es wieder an die Königsbraut und diese mußte ihr dafür gestatten, die Nacht in der Kammer des Königs zu verweilen. Aber der König hatte zuvor wieder einen Schlaftrunk empfangen und sie konnte wieder nicht mit ihm reden. Am folgenden Tage öffnete sie die Nuß, die sie von der Sonne erhalten hatte, und zog das allerschönste Kleid daraus hervor, das strahlte wie lauter Sonnenschein. Dafür ließ die Königsbraut, die den andern Tag Hochzeit halten und dieses Kleid als Brautkleid tragen wollte, sie noch einmal die Nacht mit dem König allein. Dem aber sagte am Abend sein treuer Diener, daß schon zwei Nächte hindurch ein schönes Mädchen bei ihm im Zimmer gewesen sei, und daß er einmal den Trank ausgießen

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_109.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)