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Nun ist die Prinzessin aber nicht mit diesem Bauernburschen zufrieden gewesen. Der König sagt, sie hätte es einmal ausgegeben um die Kränze, also wollten sie ihn krönen. Aber die Königstochter beruhigt sich noch immer nicht, läßt eine Mauer bauen, die war zwölf Fuß hoch und nicht mehr als sechs Quadratfuß lang, da sollte er in einer bestimmten Zeit vierundzwanzigmal herumjagen, und wenn ein Anderer darauf ritte und der wäre glücklicher als er, so wollte sie Den freien. Sie hoffte aber, er würde herunterstürzen und mit seinem Pferde den Hals brechen.

Die Königstochter war aber so schön, daß sogleich viele Ritter sich mit ihren Rossen auf die Mauer drängten, die stürzten Alle herunter und brachen den Hals.

Am zweiten Tage sollte der junge Bauer der Erste sein. Am Abende vorher sagte ihm der alte König, er solle sich das beste Pferd in seinem Stalle auswählen. Allein er konnte die ganze Nacht nicht schlafen und in der letzten Stunde kam das weiße Männchen und sprach: es hätte ihm in den Marstall unter die Pferde des Königs ein Pferd hingestellt in die Ecke, das würde schon auf der Mauer gehen können. Er solle aber das Beste nicht vergessen, wenn er den Sieg davongetragen hätte und zu seinem Glück gelangt wäre.

Der Bauernsohn wählt sein Roß im Marstalle des Königs, thut als suche er lange hin und her, läßt dieses und jenes Pferd auf den Königshof herausführen, hat aber an allen so viel zu tadeln wie ein Roßkamm, wenn er Pferde aufkauft, und geht endlich noch einmal in den Stall hinein und sagt, so würde er wol das hinterste Pferd nehmen müssen, das schiene ihm noch das beste. Das ist aber das von dem weißen Männchen gewesen. Am andern Morgen wurde das Gerüst wieder an die Mauer gestellt, an dem die übrigen Reiter mit ihren Pferden mühsam emporgeklimmt

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_102.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)