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Da beide Urkunden pfalzgräfliche Hofgerichtsurteile sind, so macht Sickel a. O. 343 und 364 sehr glaubwürdig, daß hier ein besonderes, in Verwahrung des Pfalzgrafen befindlich gewesenes Gerichtssiegel vorliege, da einige Male (Urkunden Karls des Einf. 916 und 919 bei Beyer, Mittelrhein. Urk. 1 No. 159 u. 160) ausdrücklich gesagt wird, daß diese notitiae iudicii mit dem sigillum palatii versehen werden sollen.


4. Gipsabdruck in der v. Savaschen Siegelsammlung Wien (K. K. Museum für Kunst und Industrie).

Kaisersiegel. Vgl. I, 2. Falsche Siegel, Karl der Große No. 15 (II, Taf. 30, 5).


Falsche Siegel: II, Taf. 29, 430, 5; 52, 3–8. MR 150 (147) mit Siegel Ludwigs des Frommen (= I, Taf. 1, 6).


Ludwig der Fromme


1. Or. Staatsarchiv Münster.     833 April 1.     MR 920 (891).

Ovales Gemmensiegel mit Ringeinfassung, letztere von gleichem Niveau mit dem Gemmenrand und ohne Öse. Linkssehende Büste en profil eines römischen Kaisers (nach Köhne, Zeitschr. f. Münz-, Siegel- und Wappenkunde 6, 169 das Bild von Antonius Pius, nach Sickel a. O. eher das von Victorinus), langer Kopf mit kurzen Haaren, Backen- und Schnurrbart, um das Haupt ein Lorbeerkranz mit hinten herabflatternden Schleifen. Römischer, auf der rechten Schulter zusammengeknöpfter Feldherrnmantel. Mühlbacher und Erben U. L. 174 halten gegenüber Fachkennern die Gemme für nicht antik, sondern für ziemlich gut nachgeschnitten, ohne ihre Ansicht zu begründen. Oder hat Mühlbacher Stempel 1 und 2 verwechselt? Alle Karolinger haben bis Lothar II. mit echten antiken Gemmen gesiegelt. Offenbar hat die Kanzlei, als der Stempel 1 833 in die Hände Lothars geriet, und ein neuer Stempel nötig wurde, den neuen Stempel 2 nach einem vorhandenen Abdrucke nachstechen lassen (I, Taf. 1, 6).

Umschrift: † XPE PROTEGE HLVDOVVICVM IMPERATORE –

Vorkommen: 814 Dez. 12–833 April 1 und 837 Juni 16–840 Juni 8 [MR 559 (540) angebl. Or. s. X., 582 (562), 598 (578), 612 (592), 618 (598), 623 (603), 624 (604), 662 (648), 689 (669), 703 (682), 711 (688), 715 (692), 727 (703), 729 (705), 735 (711), 740 (716), 746 (721), 753 (728), 754 (729) angebl. Or. s. XI, 767 (742), 768 (743), 773 (748), 780 (755), 781 (756), 796 (772), 833 (807), 845 (819), 883 (854), 894 (865), 905 (876), 918 (889), 920 (891), 967 (936), 971 (940), 977 (946), 986 (955), 991 (960), 993 (962), 994 (963), 997 (966), 1007 (976)].


2. Or. Departementalarchiv Chaumont.     834 Aug. 19.     MR 931 (902).     Abb. Roserot, Notice sur les sceaux Carolingiens 1892. Taf. No. 1.

No. 1 nachgeschnitten. Etwas gewölbte Gemme, mit gleich hoher Einfassung, letztere etwas breiter als bei No. 1. Die linkssehende Büste hat einen langen, schmalen, doch etwas größeren Kopf als die vorige. Das unterscheidende Merkmal ist jedoch die Umschrift, deren Buchstaben weiter ausgedehnt sind, so daß vom letzten Wort nur noch die Abkürzung IMP Platz fand, und gerade unter der Büste, statt VV, wie bei No. 1, die Buchstaben HL des Wortes Hlodovvicum zu stehen kamen. Es unterliegt demnach keinem Zweifel, daß die Kanzlei, da sich dieser Stempel auch schon 834 Mai 5 [MR 927 (898)] findet, in den Jahren 834–36 einen andern Siegelring benutzte als No. 1, der vor und nach dieser Zeit in Gebrauch war und, wie oben angenommen, No. 1 nachgestochen ist. Sickel, Acta 1, 353 bringt den Wechsel der Stempel mit der Gefangennahme und Absetzung des Kaisers im Jahre 833 in Verbindung. Als letzterer nämlich zu Soissons den kaiserlichen Schmuck und das Wehrgehenk ablegen mußte, sei er wahrscheinlich auch des Siegelrings beraubt worden, den sein Sohn Lothar 834 werde nach Italien mitgenommen haben. Bei der Wiedereinsetzung Ludwigs in das Kaisertum hat man daher einen neuen Ring anfertigen müssen und dazu eine möglichst ähnliche Gemme, d. h. einen Nachschnitt von No. 1 genommen. Als später der alte Siegelring zurückgegeben worden (wahrscheinlich, meint Sickel, bei den Versöhnungsversuchen Lothars im Mai 836), habe man den neuen wieder außer Gebrauch gesetzt (I, Taf. 1, 7).

Vorkommen: 834 Mai 15–836 Febr. 4 [MR 927 (898), 929 (900), 931 (902), 954 (923)].


3. Abbildung Mabillon, de re diplom. Suppl. 48.     816 Aug. 30.     MR 629 (609).

Kaisergoldbulle. Avers: Kaiserbüste en face mit Schild und Speer. Umschrift: DN HLVDOVVICVS IMP. Revers: Aufschrift: RENO | VATIO | REGNI | FRANC von einem Lorbeerkranze umgeben (IV, Taf. 73, 1. 2). Die Urkunde ist im Original nicht mehr vorhanden, doch ist das Vorkommen einer Goldbulle an ihr bezeugt durch Baluze (Coll. 76 f. 27), der im Winter 1711 die Urkunden von St. Martin bearbeitete und von dieser, sowie von der mit ihr übereinstimmenden an der verlorenen Urkunde 831 4/11 [MR 896 (867)] befindlichen Bulle eine genaue Beschreibung und Abbildung gab. Und auch eine Urkunde des Kaisers Franz I.[1] von 1517 bezeugt die Goldbulle Ludwigs. So nehmen auch Grandmaison (Mélanges Julien Havet 127. 124) und Breßlau (Archiv für Urkundenforschung 1, 359 f.), der des weiteren auf alle gegen die Goldbulle erhobenen Bedenken eingeht und widerlegt, die Echtheit der Goldbulle an, während Mühlbacher trotz der überzeugenden Ausführungen Grandmaisons zwar ihre Existenz nicht bestreitet, aber nach Sickels Vorgang (U. L. 196) die Goldbulle für gefälscht erklärt, indem beide von der vorgefaßten Meinung ausgingen, daß Bullen für die Zeit Ludwigs des Frommen absolut unerweisbar und für die frühere Karolingerzeit überhaupt unzulässig seien. Mühlbacher verneint damit die Ergebnisse der Forschungen Grandmaisons, während Breßlau sie anerkennt und die Scheingründe Mühlbachers widerlegt. So glaubte Letzterer die Unechtheit der Goldbulle durch die Annahme erweisen


  1. [266] lies König Franz I.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)