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längere und zahlreichere Triebe haben, als sie in dem Nienburger Boden im ganzen Sommer machten. Ich habe durch meine voriges Jahr unternommene Operation daher nicht nur sehr viele schon mehr herangewachsene Stämme am Leben erhalten, sondern vor allen Dingen erlangt, daß der Verlust an Sorten in der Baumschule ein sehr geringer ist, und werden selbst die verloren gegangenen wenigen Sorten durch pomologische Freunde wieder größtentheils ersetzt werden können.

Merkwürdig war es mir insbesondere, daß 4 junge Hochstämme in diesem Frühling kräftig ausgeschlagen sind (darunter van Hoeck’s Pommeranzenbirn und Kick’s Flaschenbirn), die ich im vorigen Sommer selbst durch wiederholtes Umpflanzen nicht in Trieb bringen, sondern nur am Leben erhalten konnte, so daß sie den ganzen Sommer ohne alles Laub standen. Ein paar andere derartige Bäume, die wenigstens noch Ansatz zum Triebe und einzelne kleine Blättchen gemacht hatten, sind dagegen ganz eingegangen. Auch eine durchgekommene, am Rande einer Terrasse stehende und daher den Wirkungen des Frostes sehr exponirte Quitte war mir merkwürdig. Sie wurde erst gegen Ende August und nur einmal umgesetzt, trieb mit Anfang September aus und machte noch 4–6 Zoll lange, aber dünne Triebe. Ihr Holz ist im Winter bis gegen die Erde hin erfroren; da aber trieb sie im Frühlinge bald aus und hat jetzt 2 Fuß lange Triebe.

Erfreulich war es mir, bei der Revision der Baumschule zu bemerken, wie unter den sehr schwach in den Winter gekommenen, aber jetzt gut ausgeschlagenen Stämmen die Mehrzahl solchen Sorten gehörte, die man als besonders schätzbar für unsere Gegenden betrachten muß. Dahin gehören z. B. Harlemer Reinette, Englische Winter-Goldparmäne, Lütticher platter Winter-Streifling, Charlamowsky, Braunauer Rosmarinapfel, Herrn Dr. Liegel’s Brünerling (für die tragbarste unter allen Sorten von ihm erklärt; nach den Trieben möchte ich vermuthen, daß es Crede’s blutrother Wintertäubling sei), Reinette von Orleans, Winterdechantsbirn, Englische Sommer-Butterbirn, Grumkower Winterbirn, Kick’s Flaschenbirn, Colomas Herbstbutterbirn, Rothbackige Sommer-Zuckerbirn, Beurré blanc, Gönnersche-Birn, Gute graue, Erzherzogsbirn, Schönste Winterbirn, Frankenbirn etc.

Versuche zu machen, wie ich nach meinem früheren Aufsatze beabsichtigte, welche Resultate es haben würde, wenn in diesem Frühling auch solche Stämme nochmals umgepflanzt würden, die in vorigem Jahre nicht umgesetzt wurden, aber keine Triebe, sondern nur Blätter machten, um zu sehen, wie diese sich gegen die voriges Jahr umgesetzten und gegen nicht versetzte auch nur zur Blattbildung voriges Jahr gelangte Stämme verhalten würden, erlaubte in diesem Frühlinge die Zeit nicht, da ich bei dem späten Eintritte des Frühlings bis in den halben Mai hinein alle disponible Zeit verwenden mußte, um nur die Baumschule und die Probebäume erst wieder gehörig zu complettiren. Wohl aber habe ich noch vor 10 Tagen einen derartigen Versuch mit einem früher in Nienburg recht kräftigen, schon ziemlich starken Hochstämme von Colomas Herbst-Butterbirn gemacht, der von eben so schnellem Erfolg begleitet gewesen ist, als das Umpflanzen der ersten

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_421.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)