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gleich geblieben, und habe weder an Gestalt, noch Größe und Geschmack sich geändert, unerachtet künstliche Behandlung durch Umpflanzen und Beschneiden hinzugekommen sey, und habe er ebenso wenig aus Kernen der wilden rothen Süßkirsche Abänderungen erhalten können, die durch die Kultur und Aussaat nur etwas größere Früchte geliefert habe[WS 1]. Abänderung der Pflanzen habe aber noch den eigenthümlichen Charakter, daß die Abänderung nicht lange Zeit, ohne abermals vorgenommene Erneuerung durch Kernsaaten, stehen bleiben könne, ohne von der Neigung zur Veränderlichkeit mehr oder weniger zu verlieren. Tulpen und Aurikel habe man ohne Samenzucht lange blos durch Zwiebeln und Ableger fortgepflanzt und habe daher, als man wieder angefangen habe, sie aus Samen zu erziehen, anfangs schlechtere Sorten erhalten, als zur Zeit, da die Zucht dieser Blumen aus Samen recht im Schwunge gewesen sey. – Je mehr Generationen man bewerkstellige, desto weniger seyen die erhaltenen Sorten in Gestalt und Geschmack verschieden; indeß wolle er mit dieser Behauptung nicht sagen, daß die Art mehr Neigung erhielte, sich völlig gleichartig zu erzeugen, sondern er glaube vielmehr das Gegentheil, indem nach seinen langjährigen Erfahrungen Kerne einer Calebasse vielmehr eine Bonchrétien hervorgebracht hätten, die einer Bergamotte eine Doyenne, einer Doyenne eine Rousselet und umgekehrt.

Das Bedürfniß, aus Kernen wieder neu erzeugt zu werden, scheine bei den schon oft erneuerten Früchten sich um so stärker zu zeigen, als sie nach der Erneuerung sich immer mehr vom ursprünglichen Zustande entfernten. Man möchte glauben, ihre Existenz werde in dem Maße ungewisser, als sie auf Kosten ihrer Lebensdauer, an Geschmack, früher Tragbarkeit, rascherem Wuchse etc., sich vervollkommnet hätten. Eine neu gewonnene Sorte werde ihre Vorzüge während der ersten Jahrhunderte ihrer Dauer beibehalten, nachher werde sie sich auch verschlechtern und veralten.

Als Kennzeichen, durch welche die gewonnenen Sämlinge eine edle, werthvolle Sorte hoffen ließen, gibt van Mons folgende an: schneller Wuchs und hinreichende Stärke des Stammes bei Birnen; wenige, aber lange Dornen, welche Augen haben; starke, mehr lange, als runde und dunkelgefärbte Blätter; hervorspringende Knospen, welche frühzeitig aufschwellen, um zu blühen; Fruchtspieße längs des Stammes, Fruchtruthen, welche vom zweiten Jahre an Fruchtaugen bringen; glatte Rinde, die einen Vorsprung mache, wo ein Auge hervorkomme; sprödes aber kräftig gewachsenes Holz. – Dagegen seyen diese Zweige, die gegen das Ende hin anschwellen; zahlreiche Blätter, die zart und breit, blaß von Farbe und sanft anzufühlen seyen; schlecht geschlossene Augen, die mit den Trieben parallel laufen; Abwesenheit aller Dornen, und sehr rasch eintretendes Fruchttragen auf den am Stamme stehenden Fruchtspießen, Vorzeichen einer Sommerfrucht, die birnförmig und klein sey, gelb werde, ehe sie reife, und ein unschmackhaftes Fleisch habe, das nicht butterhaft werde. Birnen der letzteren Art habe er im Anfange seiner Versuche am häufigsten erhalten, während, je mehr er seine Erneuerungen in fortgehenden Generationen fortgesetzt habe, stets mehr spätreifende Früchte gefallen seyen. Es gebe freilich von diesen Regeln immer auch Ausnahmen. Der Apfelbaum, selbst von der ersten Erneuerung, brauche

nur ohne Dornen zu seyn, um gewiß eine

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: haben (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)