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so beschleunigt werden mußte, daß fast immer 6–8 Stämmchen zusammen gebunden eingeschlagen wurden, so daß die Erde sich wohl häufig nicht genau genug an die Wurzeln anlegen konnte. Der Winter verging, bei wohl langer Dauer, aber nicht hohen Frostgraden, für die Bäume günstig, und da zwischen die Reihen der eingeschlagenen Bäume noch Dünger und Kaff gelegt worden war, konnten die Wurzeln vom Froste nicht gelitten haben, ja selbst diejenigen Bäume, die im Herbste bei unbedeckten Wurzeln ein paar Frostnächte von 2–3 Graden mit durchgemacht hatten, konnten durch Frost nicht beschädigt seyn, da ich öfter erfahren und durch Versuche erprobt habe, daß unbedeckte Wurzeln selbst von 5–6 Reaumurschen Frostgraden nicht leiden. Aber beim Einpflanzen der Stämme in einen neu eingefriedigten Garten von Mitte März bis etwa Mitte April, war abermals gar Manches nicht zu vermeiden, was das Leben der Bäume schwächen mußte. Die Witterung war fast beständig trocken und die Luft ausdorrend; auch waren die zu der Arbeit mir zu Gebot stehenden, wenn gleich in hinreichender Zahl angewandten Arbeiter, die derartige Arbeit noch nie besorgt hatten, unerachtet wiederholter Ermunterungen zum Gegentheile, beim Einpflanzen der Stämme und Beschneiden der Wurzeln gern zu sorglos, setzten die Stämme häufig zu flach ein, zerschlugen die ziemlich klosige Erde beim Anwerfen an die Wurzeln nicht genug und traten sie nicht gehörig fest an (Angießen war, wegen zu großer Entfernung des Wassers im Allgemeinen nicht möglich); insbesondere aber war es nicht zu vermeiden, daß bei und nach dem Beschneiden der Wurzeln und Ordnen der Stämme nach Buchstaben und Zahlen, so wie sie in jeder Reihe eines Quartiers eingesetzt werden sollten, nicht die Wurzeln der Mehrzahl der Bäume, eine Stunde und länger einer austrocknenden, sonnenhellen Luft ausgesetzt gewesen wären. Dazu gesellte sich bis zur Mitte des Mai’s eine anhaltende Dürre, so daß die Erde um die Wurzeln der eingesetzten Bäume wenige Feuchtigkeit behielt, ja die jüngeren Stämmchen fast in trockener Erde standen, und so geschah es, daß als die Frühlingswärme die volle Vegetation hervorlockte, in der Baumschule Anfangs wohl die größere Hälfte der Stämme nicht austreiben wollte. Stärkere Regenschauer um die Mitte des Mai’s lockten noch einen großen Theil der schlafenden Bäume hervor; doch schliefen selbst gegen Johannis noch reichlich 500 Stämme, und fingen manche darunter an abzusterben. Weit besser grünten diejenigen circa 300 Hochstämme aus, die, zu Standbäumen in der von mir beabsichtigten neuen pomologischen Anpflanzung bestimmt, sämmtlich in meinem Beisein eingesetzt und nach dem Einpflanzen mit einem Eimer Wasser angegossen waren, wozu das Wasser in Fässern angefahren wurde; doch fanden sich auch unter diesen ein paar Dutzend an sich kräftige Stämme, die nicht ausgrünen wollten, obgleich es nunmehr an Feuchtigkeit im Boden schon länger nicht fehlte. Um Sorten nicht zu verlieren, hatte ich zwar den ganzen Mai hindurch von den schlafenden Bäumen nach und nach noch Reiser und Probebäume gesetzt; doch wäre wohl immer noch machche Sorte verloren gegangen, wenn ich nicht etwa 14 Tage vor Johannis, mit einigen Bäumchen einen Versuch gemacht hätte, sie in Trieb zu bringen, der, auf den ersten Anblick gefährlich scheinend, doch ausgezeichneten Erfolg hatte. Ich hatte bei Stecklingen von Blumen, die seitliche Wurzeln treiben, namentlich von Georginen, wohl oft bemerkt, daß wenn ein Steckling nicht Wurzel schlagen wollte, die Bewurzelung ziemlich rasch erfolgte, wenn ich ihn aus der

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Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_061.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)