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sich nicht so bald verbessern lassen, und in ihren Folgen sich meistens durch viele Jahre hindurch ziehen. Vielleicht ist diese Theilnahmlosigkeit des Publikums mit durch den Mangel eines in weite Kreise hingelangenden und öftere Anregung gebenden pomologischen Journals herbeigeführt worden, und eben darum unterlassen wir nicht, gleich hier um größere Sorgfalt in diesem Punkte zu bitten. Versäume doch künftig Keiner, die so kleine und doch so lohnende Mühe, die unter richtigen Namen bezogenen Obstsorten in einen Grundriß seines Gartens oder der Obstanlage nach ihrem Standorte und Namen einzutragen, und diesen Grundriß sorgfältig aufzubewahren, damit die Namen der angepflanzten Sorten nicht vergessen werden und verloren gehen. Und wer irgend dazu Zeit und Gelegenheit hat, suche durch Anfertigung einiger Probebäume, durch welche so leicht ja jetzt größere Obstkenntniß erlangt werden kann, sich und Andern zu nützen, und sich zugleich ein Vergnügen zu verschaffen, das schon an sich wohl mehr befriedigt, als die Beschäftigung mit Blumen, aber um so größer seyn wird, je mehr das allgemein Nützliche uns am Herzen liegt. Schreiber dieser Zeilen hat bei mehreren Versetzungen auf andere Stellen nun schon zum vierten Male sich Probebäume für die zahlreichen in seinem Besitze befindlichen Obstsorten angefertigt, und die Mühe, die das machte, so besonders groß nicht gefunden. Auch im laufenden Jahre hat er, ziemlich in einer einzigen Woche, nur mit Hülfe zweier jungen Burschen, eilf größere Probebäume größtentheils schon wieder fertig gemacht und mit mehr als 1000 Obstsorten besetzt, und findet in einer schlechten, hauptsächlich nur mit Zwetschenbäumen bestandenen Obstpflanzung, auf dem Raume eines Morgens Land, passende Kernobstbäume genug, um alle seine drittehalbtausend Obstsorten auf Probebäumen leicht anzubringen und schon in 3–4 Jahren wieder Früchte davon zu sehen; für den gewöhnlichen Obstliebhaber wird ein einziger großer Apfelbaum und großer Birnbaum meistens schon hinreichen, um alle werthvollsten Kernobstsorten darauf anzubringen, und wer solche Probebäume sich anfertigen will, wird es nach der von dem Concipienten dieser Zeilen dazu gegebenen Anweisung, bei auch nur einiger Dexterität, ohne Schwierigkeit können [1].


  1. Die Probe- oder Sortenbäume, als bestes und leichtestes Mittel, sich in kurzer Zeit umfassende pomologische Kenntnisse zu erwerben. v. Oberdieck, derzeit Superintendenten in Jeinsen. Hannover bei Hahn, 1844, 8 Neugr. – Verfasser der Broschüre weiß seinen in derselben gegebenen Anweisungen auch jetzt noch nichts Wesentliches hinzuzusetzen als:
    1) daß es zweckmäßig ist, namentlich wenn das Umpfropfen eines großen Baums erst spät und gegen den Mai hin geschieht, zuerst nur die eine Hälfte des Baums zurückzuschneiden und mit Probereisern zu besetzen, die andere Hälfte oder ein paar größere Zweige aber erst ein Jahr später, damit der Baum, gehörige Communication mit Luft und Licht behalte, und in seinem Safte nicht ersticke;
    2) daß er zu Copulirbändern sich nicht mehr der zu theuren leinenen Bänder, oder des Wollgarns, sondern gebleichten (nicht ungebleichten, beim Zerreißen sich zusammenrollenden) Nesseltuches bedient (pr. Elle 2 Ggr.), wollen ein Stück von angemessener Breite mit einer passenden und wohlfeilen Art Baumwachs mittelst eines Pinsels heiß auf einem Brette bestrichen und dann in Bänder von 2–4 Linien Breite, je nach Bedürfniß zerrissen wird;
    3) daß die Namenhölzer zweckmäßig nicht mit grauer, zu leicht schlecht bereiteter und in wenigen Jahren von den Hölzern herabregnender Oelfarbe, sondern mit etwas hellgrüner [7] Oelfarbe (etwa wie man sie an Gartenbänken oft findet) angestrichen werden, wobei ein Verlöschen der Namen nicht zu besorgen ist, zumal wenn man das Holz auf beiden Seiten mit dem Namen versieht.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_006.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)