Die Flechten ihres schönen blonden Haares glichen, um ihr Haupt herabfallend, den Sonnenstralen, und verdunkelten das Auge des Antiquars, statt es zu erleuchten. Doch wozu der Versuch, das Unbeschreibliche zu beschreiben?
Wenn er bemüht war, die Ueberreste der alten Welt in Zeichnungen für künftige Stunden aufzubewahren, so stand das Mädchen bei ihm, seine Arbeit bewundernd, und ihm die ländlichen Tänze ihrer Heimath beschreibend, oder einen Hochzeitszug, dessen sie sich noch aus ihrer Kindheit erinnerte. Oft erzählte sie ihm auch Märchen, worunter sich das von einem lebenden Vampyr befand, der Jahrelang unter seinen Freunden und Verwandten umhergegangen sey, gezwungen, jedes Jahr, durch Aufzehrung des Lebens eines schönen Weibes seine Existenz
John Polidori: Der Vampyr: Eine Erzählung aus dem Englischen des Lord Byron. Nebst einer Schilderung seines Aufenthaltes in Mitylene. Leipzig: Voss, 1819, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Polidori_-_Der_Vampyr_-_26.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)