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aus Neugier, was mit ihm geschähe; trotz dem alten Glauben, daß in den Ruinen die Geister der Bösen wohnen. Also kehrte nun Platon für den Abend wieder in seine Unheilstätte ein, und er entließ seine Mägde, deren Rad ganz geborsten war. Dann, an der Innenseite der Ruine, schmolz er mit seinem Wachsstock das Wachs von den fünf Siegeln des pfeilergefesselten Geistes, von seinen Lippen, den Fäusten und den beiden Lidern. Nur das Siegel aus einem fremden Stoff auf seiner Stirne vermochte Platon nicht zu lösen. Der Schatten belebte sich leise, er färbte sich an der Wand, er glich jetzt einem Bilde, wie solche die Leute des Hieron auf den alten Särgen der Seefahrer fanden. Noch waren seine Augen verschlossen, die Mienen wachsfarben, auf der Stirne und auf der Linken waren lächerliche blaue Striemen eingezeichnet wie von schnürenden Armbändern. Auf der Brust lag eine Palme, der ganze Leib jedoch war wie mit Urlehmen zusammengeklebt und schien noch im Schlaf eine körperliche Kraft zu bewahren. Und während Platon unmutig das Bild von dem Pfeiler ablöste, hörte er in dem Stein eine Stimme wie das Pochen des Geistes im lockern Gemäuer, wie ein Mäuerling pocht: Ω ανερ βαδιλεν γραφε εκεινον εν τον σον ερημον καγω δε ελεηδω. Das lautete: „O königlicher Platon, wirf doch den Schatten Jenes in meine Trümmer, und ich will dich erlösen.“ Worauf Platon erwiderte: Ον γαρ δν δυνραι δαιμον πιθηκε εν τω ερημω. „Nicht du vermagst

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Paul Adler: Elohim. Hellerauer Verlag, Dresden-Hellerau 1914, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Adler_Elohim.pdf/102&oldid=- (Version vom 15.9.2022)