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2. Bildliche Namen.

(Auszug aus einer Abhandlung von W. Grimm, vor seiner Ausgabe der Goldenen Schmiede Konrads von Würzburg. Berlin 1840. 8.)

In den mittelhochdeutschen Gedichten herrscht eine überaus reiche religiöse Bildersprache. Diese Bilder sind hergenommen entweder aus der heil. Schrift oder aus den auffallenden Erscheinungen der Natur. Die symbolische Betrachtung der Bibel, von den Kirchenvätern ausgegangen, beruht zunächst auf der Überzeugung, daß das neue Testament in dem alten vorgebildet sei. Danach ist Christus der wahre Salomon, und vorzugsweise in dem hohen Liede wird die Jungfrau Maria verherrlicht. Die andere Klasse der bildlichen Ausdrücke, die in den Wundern der Natur einen Wiederschein höherer Geheimnisse zu erkennen sucht, ist ebenso dem poetischen als dem frommen Gefühl gemäß. Was Menschenhände nicht gebildet, worauf menschlicher Wille nicht eingewirkt hat, sondern was, nach unabänderlichen Gesetzen fortbestehend, die Frische und Unschuld der ersten Schöpfung bewahrt, das erscheint am würdigsten, der irdische Spiegel des Göttlichen zu sein.


Gott.

Gott ist der himele keiser, keiser aller himele, keiser aller künege, künec aller künege, der die keiserlîchen hêrschaft hât, himelkünec, himelvürste, himelvater, vater aller hôhen veter, vater aller kristenheit, himelherre, des himels wirt, himeljeger (weil er das Einhorn jagt, das den Schoß der Jungfrau sucht), der engel trût, himelvogt

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Kehrein: Pater Noster und Ave Maria in deutschen Übersetzungen. Frankfurt a/M.: Verlag für Kunst und Wissenschaft (G. Hamacher), 1865, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pater_Noster_und_Ave_Maria_in_deutschen_Uebersetzungen.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)