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II. Von weltlichen Gebäuen ist / ausser deß Rathhauses / und ziemlich feiner Palläst / und Häuser / insonderheit der Ort zu sehen / wo das Käyserliche Cammergericht gehalten wird / welches auff Belieben der Stände deß Heil. Römischen Reichs Anno 1495. den letzten October / von Käyser Maximiliano I. angestellt / und erstlich gen Franckfurt am Mayn gelegt / und daselbst in diesem 95. Jahr / den 3. November / die erste Session gehalten worden. Es ist aber solches allda nicht allezeit beständig blieben / hat auch keinen gewissen Ort gehabt / biß auff dem Reichstag zu Augspurg / Anno 1530. mit Bewilligung der Stände / beschlossen ward / daß forthin zu Speyer die Cammer stätigs seyn / bleiben / und gehalten / und sonsten nirgends anderswohin verändert werden sollte / es beschehe dann mit Käys. Mayt. auch Churfürsten / Fürsten / und Ständen / Wissen und Willen: Welches hernach in der Cammergerichts Ordnung part. 2. tit. 34. wiederholet worden ist. Die Stadt Speyer hat die execution, wann zuvor die Camerales, so etwas verbrechen / von dem Käyserlichen Cammergericht condemnirt worden seyn / wie Matt. Steph. de jurisdict. lib. 1. cap. 3. num. 65. und Oppermann de jurisdict. th. 214. schreiben. Bey dem Käyserlichen Cammergericht allhie / muß man in Teutscher Sprach verfahren / und / wann die Parteyen solche nicht verstehen / durch Dolmetscher (ausser der Flandrisch; und Holländischen Sachen) handeln / auch die Frantzösische Acta der Nidere-Richter / in die Lateinische Sprach / übersetzen / und also solche verdolmtschte Acta heraußgeben.

Es haben sich zu Speyer viel / und denckwürdige Sachen zugetragen; weilen aber es zu weitläufftig seyn würde / solche allhie einzubringen; so kan der begierige Leser hievon / nach Nothdurfft / in obangezogener schönen Teutschen Speyerischen Chronic / Herrn Christophori Lehmanns / lesen / darinn er viel finden thut / so er sonsten bey andern vergeblich suchen wird. Hat unterschiedliche Krieg geführt; ist etlichmal / (sonderlich vom Käyser Lothario auß Sachsen ein gar lange Zeit / wie davon auch in der Bäyerischen Chronic Brunneri part. 3. p. 283. seqq. 289. und 296. zu lesen) belagert worden; und sonsten viel außgestanden / auch offt mit ihren Bischöffen uneinig gewesen. Mit den Juden hätten sie auch viel zu thun / so etlichmal allda außgejagt worden seyn. In einem engen Gäßlein / nicht weit vom Dom / bey der Webergassen / stehet ein Denckmal / wie Anno 1559. den 13. Febr. wegen ungestümmen Winds / umb 2. Uhr Nachmittag / die Wand umbgefallen / und D. Johann Werners von Temar Töchterlein Catharinam, von 12. Jahren / ergriffen / welches den 15. Februarij / nach 11. Uhrn / umb Mittag / lebendig / und Leibs halben ein wenig am Fuß verletzt / wieder herfür gebracht worden ist. Es seynd allhie viel Reichstäge / und auch andere Zusammenkunfften; Item ein Thurnir / gehalten worden. In dem nächsten Böhmischen Krieg / hatte die Stadt / wegen Pfaltz / auch Unruhe / darauff Anno 1622. Ertzhertzog Leopoldus / etc. mit ziemlichen Volck hieher kommen / und hat die Stadt etliche Fahnen Käyserischer Soldaten / zur Besatzung / angenommen / und ein Zeitlang behalten. Zu Anfang deß 32. Jahrs ward sie von den Schwedischen eingenommen: Aber bald darauff / nach Ostern / seynd die Spanischen von der Mosell herauff unversehens kommen / und haben dieselbe 2. oder 3. Tag / bey dem Wormbser Thor / wie auch auff S. Germansberg / gegen dem heiligen Thurn / da sie sich hinter die Mauren verschantz / beschossen. Darauff der Schwed. Obrist die Wormbser Vorstädt lassen abbrennen / welches Feuer auch 2. Jungfrau Clöster / S. Martin / und S. Clara / angetroffen / und das eine in die Aschen gelegt; man muste doch endlich mit dem Spanischen General / einem Grafen von Emden / und Don Philippo de Silva, Spanischen Gubernatorn in der Ober-Rheinischen-Pfaltz / accordiren, und stunde die Stadt viel auß / kostete sie auch eine grosse Summa Gelds / darauf die Spanische wieder abgezogen / und Käyser- und Bäyerische dargegen hinein gelegt worden; die Schwedische aber bald wieder kommen seyn / so mit Außpressen auch nicht gefeyret haben; wie in dem obgedachten geschriebenen Bericht stehet. Kemnitzius sagt / part. 1. vom Schwedischen Krieg / fol. 344. es hätte Anno 1632. allhie / der Obriste Horneck / allein / für sich / und seine Soldaten / accordirt; daher es hernach der Stad gar übel ergangen; und sollen die Spanischen damaln mehr / denn 2.

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Matthäus Merian: Topographia Palatinatus Rheni. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1645, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Palatinatus_Rheni_(Merian)_185.jpg&oldid=- (Version vom 29.9.2022)