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Friderici General / Horatius Veer, ein Engelländer / bey sechs Wochen gehalten;[WS 1] aber endlich den 4. November / neuen Calenders / die Vestung / mit gutem accord, auffgeben; die zwar noch mit Munition / und Proviant / wol versehen war. Die Ursach dessen ist gewesen / weil die Stadt viel zu weitläufftig / und von dieser Besatzung nicht hat können verthädigt werden; darumb die Englische dieselbe / nachdem sie viel Häuser / und Gassen / daselbst / angezündt / und das Feuer vom Wind weiter getrieben worden / ihrem Feind überlieffert; welcher der andern noch stehenden Gebäu in der Stadt / zu seinem Vortheil / die Vestung einzunehmen / stattlich gebrauchen können: Weil auch solch trucken Wetter / etliche Wochen über / eingefallen / daß kein Wasser in den Gräben war; die doch sonsten voll zu seyn pflegten; also daß die Belagerten gesagt / daß auch die Elementen wider sie stritten. Uber das die Soldaten vom Schiessen und Fechten / ehe die Stadt eingenommen / sehr abgemattet / sich / weil Heydelberg allbereit verlohren / keines Succurs zu getrösten hatten / auch in sechs Wochen wenig abgelöst worden seyn / und ihnen das Wasser hat abgegraben werden können. Es sind hernach die Thor / Wäll / Pasteyen / und andere Wehren / an unterschiedlichen Orthen / eingerissen worden. Bey dem Schwedischen Wesen hat man die Vestung wieder etwas reparirt; die aber Hertzog Bernhard von Sachsen Weymar / Anno 1631. den 29. December / durch einen Kriegslist / erobert / indem er deß Morgens frühe vor Tags / mit 300. Soldaten / eilends auff die Vestung zugetrungen / und als die Schildwacht / was Volck / sie angeruffen / daß sie von den Schwedischen verfolgt würden / geantwort / und daß sie geschwind auffmachen solten / gebetten haben / so auch geschehen. Anno 1644. im October ist dieser Ort von den Frantzosen erobert / und balde darauf von den Chur-Bäyrischen / die dieses Manheim / den 7. October mit Sturm eingenommen / wieder darauß getrieben worden; wie eine Relation sagt. Eine andere aber meldet / daß die Rosischen darinn nidergemacht / und das Schloß auffs neue bevestigt worden seye. Jetzt ist dieser Ort wieder Chur-Pfältzisch. Der Zoll allhie ist alt / so Anno 1349. erhöhet / auch darwider An. 1492. von den Marggräfischen / und An. 1604. von dem Dom- und S. Martin Stifft zu Mäyntz / geklagt worden seyn solle / wie in einer geschriebenen Relation stehet; wir aber sonsten davon keine gründliche Nachricht haben.

Es ist nahe bey Manheim ein Orth / Neckeraw genant / welches die Römer / ohne Zweiffel / wie Altrip / und Manheim / zu einem Castell / oder Schantze / gebraucht / dann es sehr morastig. Und waren vor der Zeit etliche der Meynung / man solte die Vestung nicht gen Manheim / sondern nach Neckerau / auch wegen des engern Begriffs / setzen. Nicht weit hievon ligt das Dorff Ketsch / dem Capitul zu Speyer zuständig / doch im Pfältzischen Ampt Heydelberg gelegen / und allda Pfaltz etwas Gerechtigkeit hat. Pfaltzgraf Ott Heinrich / nachmals Churfürst / fuhr umb das Jahr 1530. ins gelobte Land / nach Jerusalem. In seiner zuruck Reyse kam er über die offenbare See herauß / da ihme dann ein Schiff / nach Norwegen zu / begegnete / darinn diß Geschrey gehört wurde; Weichet / weichet / der dick Enderlein von Ketsch kompt. Der Pfaltzgraf / und sein Kammermeister Mückenhäuser / kennten den gottlosen Schuldheiß allhie zu Ketsch / und auch den Ort wol; daher / als sie heim kamen / sie nach dem dicken Enderle / und umb die Zeit seines Tods / gefragt / und vermerckt haben / daß es mit der Zeit übereingestimmt / da sie das Geschrey auff dem Meer gehört hatten; wie weyland ein Professor zu Heydelberg in seinen Schrifften auffgezeichnet hinterlassen hat. Ein Stund von Manheim / den Rhein hinauff / ligt AltRip / oder alta Ripa, so den Römern auch wol bekandt gewesen / und von ihnen in Acht genommen worden ist / weil solche Gelegenheit zwischen dem Wormbser- und Speyergöw / in der Mitte / allda ein bequeme Uberfahrt / und ein hohes Ufer / gleichsamb / wie ein auffgeworffener Thamm ist / (daher auch der Nahm kompt) / darauff sie ein Kriegsvolck / auff die Teutsche Achtung zu geben / ligen gemacht haben; wie auß der Notitia Imperii erscheinet; welchen Ort Ortelius in seinem Thesauro übel beschrieben / und für eine Stadt angesehen hat. Ist nur ein schlechtes Dörfflein / und allerhand der Uberfahrt / und deß Alters halben / und

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gehalteu
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Palatinatus Rheni. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1645, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Palatinatus_Rheni_(Merian)_123.jpg&oldid=- (Version vom 28.9.2022)