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die Pfalzgrafen als einen Theil der s. g. Fahnlehen oder Volllehen erhielten und von diesen an die Schenke von Erbach zu Afterlehen gegeben wurde. Jedenfalls erscheinen aber die Letztern in manchen Urkunden des dreizehnten Jahrhunderts schon als die Herren dieses Ortes, der im Jahre 1328 schon so bedeutend war, dass ihm Kaiser Ludwig der Baier Stadtgerechtigkeit verlieh.

Die vorige Kirche, die mit der Stadt verbrannte, war unter Schenk Erasmus von Erbach im Jahre 1500 erbaut, und sie enthielt schöne Glasgemälde. Schon vor dem Brande war aber ein Fenster derselben von dem damaligen regierenden Grafen von Erbach herausgenommen und in die von ihm bei dem Rittersaale erbaute Eginhardskapelle nach Erbach versetzt worden. Auf diese Weise entging dieses Kunstwerk dem Untergange, allein es war die Versetzung desselben doch die Veranlassung eines langwierigen und kostspieligen Prozesses geworden.

Hier wohnen viele Tuchmacher, die ihre Fabrikate meistens auf den Jahrmärkten der Umgegend an die Landleute absetzen, die solche mit Vorliebe kaufen.

In der Nähe von Beerfelden heisst eine Gegend „im Lenert“ (im Leonhard). Dort stand vom fünfzehnten bis ins sechszehnte Jahrhundert eine dem heiligen Leonhard geweihte Kapelle, die wahrscheinlich während der Greuel des dreissigjährigen Krieges zerfiel. Im Anfange des vorigen Jahrhunderts standen noch einige Mauertrümmer derselben.

Bei Hetzbach erhebt sich auf der rechten Seite des Mimlingthales der Krähberg, dessen Namen schon die Heppenheimer Markbeschreibung vom Jahre 793 als „Crawinberk“ anführt. Es ist einer der Gipfel, welche sich auf der Hauptschneeschmelze des Odenwaldes erheben, und seine Höhe über der Meeresfläche beträgt 1530 Fuss. Es ist uns keine Nachricht über einen frühern Anbau auf dem Krähberge bekannt. Das dort erbaute Schlösschen und[1] die es umgebenden Anlagen rühren ganz aus neuerer Zeit her, und sind das Werk des Grafen Albert von Erbach-Fürstenau. Die Lieblichkeit dieser Anlage überrascht, wenn man aus der Wildniss der Gegend in sie eintrit; auch findet man keinen bessern Punkt zu einem Ueberblick über die ganze Gegend. Das Auge verfolgt das Mimlingthal bis weit hinab; ferne erkennen wir den Saum des Odenwaldes an den Gebirgen längs der Bergstrasse


  1. Vorlage: unb
Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes in ihrer Vorzeit und Gegenwart. Darmstadt: Carl Wilhelm Leske, 1843, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Odenwald_(Grimm)_011.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)