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Gebäude, und das Dorf ist eines der schönsten und freundlichsten des Bezirkes. Es hat namentlich durch die verschönernde Fassung des vorerwähnten Baches, welche einen Kosten von etwa 5000 fl. verursachte, gewonnen. Am südwestlichen Ende des Dorfes liegt auf einer kleinen Anhöhe, von allen Seiten frei, die Kirche zum heil. Johannes. Sie wurde auf der Stelle der früheren kleinen und baufälligen Kirche 1783 von der Gemeinde erbaut. Zu den Kosten von 15.852 fl. waren auch freiwillige Beiträge geleistet worden. Sie ist ganz von Stein und gefälligen, einfachen Styls, hat zwei Emporkirchen übereinander und ist hell und heiter. Auf dem nordwestlich angebauten 90′ hohen Kirchthurm hängen 3 harmonisch klingende Glocken. Die Baulast liegt zwar dem Heiligen ob; da aber sein Einkommen nicht hinreicht, so besteht hier schon längst die Einrichtung, daß bei Kirchenbauwesen auf jede einzelne Ehe der Parochie unter dem Namen „Ehegeld“ eine jährliche Umlage von 15–24 kr. von der Stiftungspflege erhoben wird, wobei Wittwer und Wittwen die Hälfte zu entrichten haben, notorisch Arme aber frei bleiben. Das auf der Anhöhe bei der Kirche gelegene Pfarrhaus hat der Staat zu erhalten. Außer dem 1764 erbauten Schulhause wurde 1839 ein zweites errichtet.

Die Nahrungsquellen des Ortes sind die schon oben angegebenen. Das Grundeigenthum reicht für die schnell zunehmende Zahl der Einwohner nicht hin (sie war 704 im Jahr 1774, hat sich also in 69 Jahren verdoppelt). Der Obstbau verdient besondere Erwähnung. Die Bürger giengen den übrigen Parcellen mit gutem Beispiel auf ihren Baumgärten voran, und dieses hat solche Anerkennung gefunden, daß im vorigen Frühjahr 1100 Stämme von Hohenheim beschrieben wurden. Die Schäferei war früher von Bedeutung. S. oben S. 77. Von Gewerben sind hauptsächlich mehrere Zimmerleute, einige Tuchmacher, einige Färber und 5 Rothgerber zu nennen. Die Gerber setzen das Leder hauptsächlich nach Heilbronn ab. Auf den Märkten ist der Verkehr mit Vieh und Flachs von Bedeutung. Die Gemeinde hat einen 700 Mrg. großen Wald, dessen Bestände den Staatswaldungen an die Seite gesetzt werden dürfen. Wäre bei dem kleinen Areal der Äcker das Streubedürfniß nicht so groß, so würden die Kulturen noch weiter vorgerückt seyn.

Rudersberg hat das Recht zu zwei Jahrmärkten. Das Recht zu dem einen uralten wurde 1701 erneuert und das zu dem zweiten 1747 verwilligt. Das neuere Wappen des Ortes besteht aus zwei gekreuzten Rudern. Die Parochie besteht aus 27 Filialien, wovon 6 dem Oberamt Backnang angehören, und aus dem Mutterorte. Die 1701 hierher umgepfarrten sogenannten „hinteren Höfe“, nämlich Schmalenberg, Voggenhof, Häger,

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_234.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)