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der Sitz des Kapitels. In einem Anniversarium des Klosters steht: »Anno 1524 obiit spectabilis vir et dominus Thomas Kellin, plebanus in Gamundia, baccalaureus formatus theologie, olim plebanus summus in Lorch et post Decanus ecclesie ejusdem capituli et renovator statutorum et institutor fraternitatis St. Sebastiani in villa Lorch.« Außer der Kirche waren noch mehrere Capellen vorhanden. Hauptcapellen waren die zu St. Lorenz und St. Leonhardt. Die erstere stand gegen Nordosten auf einem „Capellenberg“ genannten Hügel. Sie ist längst zu einer Privatwohnung eingerichtet, zeigt aber noch Reste des Rundbogenstyls; vor 30 Jahren wurden hier aus mit Kalk belegten Gräbern Schädel etc. ausgegraben. Eine dritte Capelle (»Capella seu sacellum S. crucis«) stand auf dem Kirchhofe. Eine Capelle, vielleicht diese, ward sogleich nach der Reformation zum Schulhaus gemacht. Noch 1571 werden die Heiligenpflegen: unser lieben Frau und St. Nicolaus in der Pfarrkirche und St. Lorenz in der Capell genannt. Über die Reformation giebt ein Bericht vom 2. Sept. 1539 folgenden Aufschluß: Jeder der hiesigen vier Pfarrer hatte indessen die Pfarrei Lorch abwechslungsweise einige Wochen versehen; außerdem lag den zwei von Lorch ernannten Pfarrern ausschließlich die Versehung der Pfarreien Alfdorf und Wäschenbeuren ob. So sey es bis Martini 1535 gewesen, wo der Obervogt Friedrich Thumb von Kirchheim und Meister Erhard Schnepf nach Lorch kamen, die Messe aufhoben und den von Augsburg ernannten zwei Pfarrern Stillschweigen auferlegten. Der eine, Sebastian Dietel, sey indessen gestorben, der andere, Meister Peter Stürm, sitze müssig und ziehe beide Pfründen ein. Von den übrigen Pfarrern versehe Benedict Steiner die Pfarrei Wäschenbeuren „mit Predigen vnd Meßhalten, wie im Papstthum beschieht, dann die Rechberger zu Stoffeneck wollens also haben;“ der vierte predige nun das Evangelium in Alfdorf; ein Fünfter aber, Johann Rotdach, von Kempten gebürtig, den Schnepf an Martini 1535 von Crailsheim beschrieben, versehe die Pfarrei jetzt allein. Damals zählte das Dorf Lorch 100 Häuser mit 350 Communicanten; die ganze Pfarrei Lorch 231 Häuser mit 765 Communicanten. Der Herzog war inzwischen am 13. Mai 1539 mit dem Domkapitel Augsburg dahin übereingekommen, daß von dem Einkommen der beiden augsburgischen Pfründen jährlich 61 fl. und 6 Schffl. Roggen und eben so viel Haber, sowie ein Pfarrhaus an Württemberg abgetreten ward; und am 31. Oktober 1558 wurde weiter bestimmt, daß Augsburg auch das andere Pfarrhaus, sowie das Recht zu Besetzung beider Stellen und die Zehenten zu Schlechtbach, Steinbruck und Pfahlbronn an Württemberg abtreten, jedoch im Genusse des übrigen Einkommens dieser Pfründen bleiben

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)