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Gmünd und mehr noch auf der welzheimer Höhe einige Wochen länger anhält. Die durch frisches Grün geschmückte Gegend ist, wie unser Titelbild zeigt, freundlich und bietet auf dem Klosterberg und fast rundum eine reizende Aussicht in steter Abwechslung dar. – Lorch, einst der Sitz der Oberamtsstellen, ist nun der Sitz des Cameralamtes, des Forstamtes, eines Amtsnotars, eines Arztes, eines Revierförsters und einer Postexpedition.

Der von Osten nach Westen der Länge nach, zum Theil in regelmäßigen Quadraten, nicht eng angelegte Ort, mit ziemlich breiten, reinlichen und gepflasterten Straßen, gewährt einen freundlichen Anblick in der Nähe und Ferne und hat meist gutgebaute Häuser von einigen Stockwerken. Unter denselben zeichnen sich aus:

a) Die fast in der Mitte des Ortes stehende, vom Gottesacker mit Mauer umschlossene, Kirche zur heiligen Maria, vormals Stiftskirche. Sie ist im gothischen Styl erbaut, der noch im Chor besonders rein erhalten ist, und hat einen viereckigen, massiven, etwa 110′ hohen Thurm mit pyramidalischem Dache. Die Kirche Lorch ist von sehr hohem Alter und ihre Gründung wohl im neunten oder zehnten Jahrhundert zu suchen (s. hiernach). Die erste Kirche steht aber schon längst nicht mehr, indem schon vor 500 Jahren das bis dahin gestandene Haus abgebrannt war. Denn am 10. Octbr. 1340 erließen 10 Bischöfe einen Indulgenzbrief: „cupientes, ut ecclesia collegiata Sancte Marie in Lorche, ac ommnia altaria, constructa et construenda in eadem, congruis honoribus frequententur.“ Vierzigtägigen Ablaß sollen Alle erhalten, die an gewissen Festtagen sie besuchen, „nec non, qui ad fabricam, luminaria, ornamenta, seu quevis alia necessaria dicti ecclesie et altaribus, seu structure ejusdem ecclesie per ignem exuste et devastate manus porrexerint adjutrices ..... aut suam sepulturam ibidem elegerint.“ Eine abermalige Zerstörung oder große Verwüstung soll 1469, doch schwerlich durch ein Kriegsereigniß, erfolgt seyn; am 6. December 1474 wurden auch die Kirche und der Chor, sowie folgende Altäre eingeweiht: der in der Mitte, vor dem Chor, zur heil. Jungfrau Maria, der unter der Custorie zum heil. Vitus, zwei zur Seite des Chors zum heil. Sebastian und Johannes Baptista, und zwei weitere zu den heil. Peter und Paul und Nicolaus. Der Hochaltar wurde erst am 5. Juni 1507 in honore beatissime virginis Marie, unter Zusage eines vierzigtägigen Ablasses für die Besuchenden am jeweiligen Kirchweihfeste, geweiht. Das Gerechtigkeitsbüchlein des Dorfes sagt auch ausdrücklich, daß im fünfzehnten Jahrhundert die Kirche verbrannt sey. Ohne den Hauptbau zu verändern, wurde sie 1837/38 ausgebessert, wobei im Langhause viele Gräber und Steine aus sehr alter Zeit,

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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)