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eine völlige Erneuerung vorgenommen ward. Die letzte erfolgte 1816 und 1817, wo die Kirche zugleich erweitert, der Chor abgebrochen und nur das alte Kirchenportal stehen gelassen, auch der viereckige, etwa 120′ hohe Thurm mit 3 Glocken neu erbaut wurde. Der Kostenbauaufwand betrug 16.968 fl., welcher, obgleich die Baulast der Kirchenpflege obliegt, vom Staat bestritten wurde. Neuerdings wurden Thurm und Kirche verblendet. Sie bildet ein länglichtes Viereck, ist für die große Kirchengemeinde viel zu klein und bietet in ihrem Innern nichts Sehenswerthes dar. Das vorerwähnte Portal aber ist mit einer Gruppe merkwürdiger, fast lebensgroßer Steinbilder geziert, auf welche schon Prescher (Geschichte der Reichsgrafschaft Limpurg I. 423) aufmerksam gemacht hat. Über dem Eingange befinden sich die Mutter Gottes mit dem vom Kreuze abgenommenen Sohne auf dem Schooße, und ihr zu Seiten zwei Apostel (an das Wappen des Kl. Lorch erinnernd, s. unten). Zu beiden Seiten des Portals, etwas tiefer als jene, stehen zwei männliche mit Kronen gezierte Bilder und neben diesen zwei Frauen. Eine der letztern legt die rechte Hand auf den Thurmknopf einer Kirche und in der linken trägt sie einen Becher. Prescher vermuthet, daß diese die Kaiserin Irene und das männliche Bild daneben ihren Gatten, Kaiser Philipp, die beiden andern Bilder aber Philipps Eltern – Friedrich Barbarossa und Beatrix von Burgund – vorstellen. Wir müssen diese Vermuthung und die weitere, daß die letzteren die Stifter der Kirche gewesen seyen, auf sich beruhen lassen.[1] Für dieselbe spricht jedenfalls das hohe Alter der Pfarrei und die Thatsache, daß das Patronat einst den Hohenstaufen zugestanden; wogegen


  1. Büsching in den wiener Jahrbüchern (1818. II. S. 76) ist hinsichtlich der Frauenbilder anderer Ansicht. Die erstere (Irene) stelle die heilige Barbara vor: sie habe in der Linken den Kelch mit der h. Oblate, und mit der Rechten halte sie das ihr ebenfalls beigelegte Kirchengebäude. Die Andere aber stelle die heilige Catharina vor; in der Rechten ein Stück des Rades, womit sie zuerst hätte hingerichtet werden sollen, und in der Linken das Schwert haltend, wodurch sie später den Tod gefunden.
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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)