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in Oberndorf, Zumhof, Rudersberg, Lindenthal ziemlich häufig. Letzterer Ort scheint überhaupt eine ungesunde Lage zu haben. S. die Ortsbeschreibung.

Die auf der Hochfläche häufiger vorkommenden Krankheitsformen haben im Durchschnitt den entzündlichen und rhevmatischen Charakter, was theils in der kräftigen Körperbeschaffenheit der Bewohner, theils aber und vorzugsweise in der reinen vielfach bewegten Bergluft, dem wechselvollen Streichen des West-, Nordwest- und Nordost-Windes und dem damit verbundenen häufigen, oft überraschenden Temperaturwechsel seinen Grund hat. Auch ist der Bandwurm auf dem Walde nicht selten. Epidemische Krankheiten kommen nur selten vor. Im Frühling 1837 herrschte die Grippe durch den ganzen Bezirk, nahm übrigens einen gutartigen Verlauf und hatte zuerst den gewöhnlichen katarrhalischen, später den rhevmatischen, alsdann den gastrischen und selbst gallichten Charakter. Eine Masern-Epidemie war ihr vorausgegangen. Merkwürdiger Weise wurden damals in Wäldern versteckte Häuser ebensowenig verschont, als isolirt auf den höchsten Höhen gelegene Höfe, oder in den Schluchten abgelegene Wohnungen, und selbst Thiere, namentlich Katzen, Hühner und Gänse erkrankten sehr häufig. Unter den chronischen Krankheiten ist Wassersucht und namentlich Brustwassersucht wohl diejenige, welche die meisten Opfer fordert, und die vorzüglich vernachlässigten Katarrhen und Brustentzündungen ihr Entstehen verdankt, indem ärztliche Hilfe im Allgemeinen äußerst selten und nur dann nachgesucht wird, wenn die höchste Lebensgefahr eingetreten ist.[1] Noch ist anzumerken,


  1. Herr Pfarrer Scholl bemerkt: „In der Regel erst, wenn die Krankheit einen bedenklichen Charakter hat, wird ein Recept oder der Arzt geholt; vorher thut’s der Medicaster oder Quacksalber. Ist der Kranke schlecht geworden, so holt man den Pfarrer zum letzten Abendmahl. Diese Beiziehung des Arztes und Pfarrers enthalten die Personalien bei den Leichenpredigten, worin die Familie bezeugt haben will, daß nichts versäumt worden sey.“ – Dicke, mit Federn gestopfte, Betten gelten als große Wohlthat auf dem Walde. Auch verspricht man sich hier, wie sich unten zeigen wird, fast bei allen Krankheiten sehr Vieles vom Genusse des Weines. Doch gehen sie aber auch für ihre Kranken gerne weit zu frischen reinen, aber weichen Brunnquellen.
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Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Welzheim. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Welzheim_036.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)