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welches, um der alten Mutter los zu werden, das Haus anzündete. Die Verbrecherin büßte mit Enthauptung.

Geschichte der Herrschaft Kißlegg. Schon oben S. 112 war von den Überresten einer Burg und ansehnlicher Befestigungs-Anlagen die Rede, welche neben dem jetzt noch den Namen Burg führenden Hof, eine kleine halbe Stunde nordwestlich von Kißlegg, jedoch schon im Gemeindebezirk Sommersried, sich befinden. Die auffallende Namensähnlichkeit scheint uns zu berechtigen, hier das Cassiliacum der Römer zu vermuthen. Im Mittelalter führte nicht der jetzige Ort, sondern diese Burg den Namen Kißlegg, und war der Sitz eines davon benannten adeligen Geschlechtes, das alte Sagen schon in das neunte Jahrhundert verlegen, und das wir später als Lehenleute und Vasallen des Klosters St. Gallen finden. Wann und von wem diese Burg zerstört wurde, läßt sich nicht angeben; daß es jedoch sehr frühe, vielleicht in den vielen Fehden geschah, in welche das Kloster St. Gallen vom eilften bis dreizehnten Jahrhundert verwickelt war, wird dadurch wahrscheinlich, daß die Herren von Kißlegg im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert in Immenried und im jetzigen Kißlegg wohnten, und von der alten Burg keine Erwähnung mehr geschieht. Der Marktflecken Kißlegg führte laut Urkunden von 1394, 1399, 1419, 1420 noch den Namen Zell bei Kißlegg.[1] Dieser Name soll daher rühren, daß sich im zehnten Jahrhundert an dem See bei Kißlegg, der mit dichten, sumpfigen Wäldern umgeben war, sechs Einsiedler niedergelassen hätten, um in stiller Abgeschiedenheit dem Herrn zu dienen. Selbst in der nächsten Nachbarschaft – so lautet die alte Sage – wußte man nichts von dem Daseyn dieser frommen Männer in dem dichten Walde. Einst aber drang zufällig ein entsprungenes Pferd des nahen Ritters von Kißlegg, verwundet und von Durst gequält, zu der Zelle am See hindurch, wo es bei den Einsiedlern Aufnahme und Pflege fand. Die Diener des Ritters, welche den Spuren des Pferdes gefolgt waren, entdeckten die abgeschiedene Wohnstätte, und bewogen ihren Herrn, den Wald zu lichten und Häuser an das Gestade des Zellersees zu bauen. Dieß störte den Frieden der heiligen Brüder, so daß sie es vorzogen, die Stätte, die sie angebaut, den Eindringlingen zu überlassen, und sich nach Weißenau zu übersiedeln [wovon jedoch die Urkunden und Traditionen dieses Klosters nichts melden]. Ein Frauenverein bezog die verlassene Zelle, aus welchem in der Folge der Franciskaner-Schwestern-Konvent hervorging, s. oben.


  1. In der Stiftungsurkunde der Marien-Meßpfründe von 1420 heißt es: „in der Pfarrkirche ze Zell im Ampt“ und in dem Konsensbriefe des Pfarrers: Ego Joannes Lochar Rector Ecclesiae Paroch. in Zell prope Kisslegg.
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Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)