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Kißlegg ist der Sitz eines fürstl. Waldburg-Wolfeggschen und eines fürstl. Wurzachschen Rentamtes.

Was den Nahrungsstand der Einwohner betrifft, so fehlt es Kißlegg nicht an Erwerbsquellen, die einen im Durchschnitt mittleren Wohlstand begründen; außer dem schon erwähnten Feldbau und der Viehzucht, sind es Gewerbe und ein nicht unbedeutender Marktverkehr, was die Bürger vortheilhaft beschäftigt. Kißlegg hat fast alle städtischen Handwerker für das Bedürfniß des Orts und der Umgegend.[1] Eine Chaisenfabrik, die früher ziemlich lebhaft betrieben wurde, ist gegenwärtig von geringem Belang. Apotheke ist 1, Handlungen sind 2, Bierbrauereien 2, Schildwirthschaften 4 hier. Auch hat ein praktischer Arzt in Kißlegg seinen Wohnsitz. Sehr wichtig sind die regelmäßigen 4 Jahr- und 8 Monatsmärkte, wo viel Viehhandel getrieben wird, indem sie stark von Schweizern besucht werden, um Einkäufe zu machen. Im Jahr 1836 wurden an den

4 Jahrmärkten 1352
an den übrigen 8 Monatsmärkten 295
zusammen 1647 Stück Hornvieh und Pferde verkauft.

Im Jahr 1830 betrug der Verkehr nur in Hornvieh an Geld 40.000 fl., s. oben. – Besondere Erwähnung verdient der Reichthum der umliegenden Seen und Weiher, namentlich des Schlingsees an ungemein großen Edelkrebsen, welche die berühmten schweren Krebse der Altmühl sogar noch übertreffen sollen. Auch finden sich mehrere der edleren Fischgattungen in diesen Gewässern, z. B. der Weller.

Von Kalamitäten, welche über Kißlegg gekommen sind, erwähnen wir die Feuersbrunst 1548, die den Ort fast ganz verzehrte, Schellenberg, die benachbarten Waldburgschen Herrschaften und der Herr von Ratzenried machten durch milde Beiträge das baldige Wiederaufbauen möglich. Der dreißigjährige Krieg nahm auch Kißlegg hart mit; am ärgsten hausten die Schweden im Frauenkloster, dessen Bewohnerinnen sich geflüchtet hatten; der Konventsaal wurde zum Pferdestall. Im Jahr 1682 wüthete eine pestartige Seuche. Den 23. April 1704 kam durch die Nachläßigkeit eines französischen Kochs, als französische Truppen hier lagen, Feuer aus, das 35 Häuser, also fast den ganzen Ort, einäscherte. Nur die Kirche, das Kloster, das Schloß, und ein Bürgershaus blieben verschont. Diesem Unglück verdankt Kißlegg seine jetzige regelmäßige und gefällige Anlage. Endlich suchte 1756 den 14. Febr. eine bedeutende Feuersbrunst den Ort abermals beim, veranlaßt durch ein Weibsbild,


  1. Ein geschickter Schlossermeister, Müller, erhielt 1828 die Anerkennung der Centralstelle d. l. V., s. Korresp. Bl. 1828. II. S. 208.
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Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)