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Als Glied des Seestädtebundes gegen den Adel zeichnete sich Wangen durch eine tapfere Waffenthat aus. Im December des J. 1389[1] gedachte Hans Truchseß von Waldburg mit 500 Bewaffneten, darunter die Herrn von Ellerbach, von Asch und andere waren, die Stadt Wangen zu überrumpeln. Kaum noch zu rechter Zeit, als der Feind schon unter dem Thor war, merkten die Bürger sein Vorhaben und setzten sich zur Wehre, wo denn vor allem die Schmiedezunft mit kräftigen Armen und gewichtigen Waffen, mit Zangen und Hämmern auf den eindringenden Haufen so nachdrücklich losarbeitete, daß der Truchseß mit zerschmettertem rechten Bein sich zurückziehen mußte, und todesschwach mit Mühe die Burg Leupolz erreichte, wo der Vogt von Summerau ihm Einlaß und Pflege gewährte. Die Waldburgschen Reiter zogen gen Wolfegg und Wurzach. Ein Thurmwächter auf dem Schlosse Leupolz, ein geborner Wangener, wiewohl schon 15 Jahre in Diensten des Vogtes v. Summerau, verließ in der Nacht seinen Posten, lief nach Wangen, und zeigte seinen Mitbürgern den Zufluchtsort des Truchsessen an. Unverzüglich rückten diese vor das Schloß, belagerten es und benachrichtigten auch ihre Bundesverwandten, daß sie ihnen Zuzug leisteten. Da sah der Truchseß keine Ausflucht und keine Mittel zur Gegenwehr; er ergab sich in der Städte ritterliche Gefangenschaft und wurde nach Ravensburg geführt; das Schloß zerstörten die von Wangen. Die Schmiedezunft aber erhielt zum Dank von der Stadt die Auszeichnung, bei der alle Jahre am Neujahrstage um die Stadt zu haltenden Procession den Vortritt vor allen übrigen Zünften zu haben. Nicht minder erwiesen sich die Wangener auch in andern Fehden als wackere Kämpen, z. B. durch die Hülfe, welche sie dem Stift St. Gallen im Appenzeller Kriege leisteten, durch die Erstürmung und Zerstörung des Schlosses Rauchburg bei Bregenz (1447), das Hans von Rechberg besessen, und von welchem aus er die ganze Umgegend beschädigt hatte.

Ungeachtet der vielen blutigen Fehden und einzelner Unglücksfälle – wie denn im J. 1406 die Stadt fast ganz abbrannte, so daß K. Rudolf mit Rücksicht auf diesen und zwei in kurzer Zeit vorangegangene ähnliche Brandfälle die Stadt auf 6 Jahre von der Reichssteuer freisprach – hob sich doch im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert der Wohlstand Wangens fortwährend. Gewerbe


  1. Wir folgen der Erzählung Pappenheims in der Truchsessen-Chronik I. S. 69, welche durch eine alte lat. Relation aus der Stadtregistratur ergänzt wird. Nach Späths Constanz. Chron. S. 229 fiel die Einnahme von Leupolz auf den 22. Juli 1389, und der Truchseß, der es wirklich zum Sturm der Städter auf die Burg habe kommen lassen, sey nicht nach Ravensburg, sondern nach Constanz abgeführt, aber sogleich wieder freigelassen worden.
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Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)