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B. Lehens- und Leibeigenschaftwesen.

Nicht nur in den vormals klösterlichen und edelmännischen Besitzungen waren die meisten Güter Falllehengüter, und die Belehnten leibeigen, sondern es war dies auch häufig da der Fall, wo die freie Reichsstadt Grundherr war. In Alpeck und Lonsee machte sogar die Luft leibeigen, d. h. es waren alle Einwohner leibeigen und jede Person, die sich dahin verheirathete, wurde es ebenfalls. Doch war die Ulmische Leibeigenschaft auf keine Weise drückend, nur in dem Fall, wenn der Leibeigene auswandern wollte, legte man ihm eine kleine Manumissions-Abgabe auf. Wenn aber ein Einwohner von Alpeck oder Lonsee in einen andern Ort des Gebiets zog, so verfiel er von der „leichten“ in die „schwere Leibeigenschaft“, er mußte nun auch einen jährlichen Henneschilling und im eintretenden Falle Nachsteuer, Hauptrecht, Todfall bezahlen. In die Reichsstadt konnte kein Leibeigener, auch wenn er sich frei gemacht hatte, als Bürger, höchstens als Beisitzer, aufgenommen werden. Als Reste der Leibeigenschaft sind mehrere Frohnsurrogat-Gelder übrig geblieben, die aber, wie sämmtliche Lehensgefälle von Jahr zu Jahr häufiger abgelöst werden. Besonders im Jahre 1831 kamen sehr viele Allodifikationen vor. Die meisten Bauernhöfe sind Erblehen; Falllehen gibt es weniger. Die Lehengefälle bestehen in den gewöhnlichen Laudemien, Landachten sind seltener. Frohnen hatten sowohl die vormals Ulmischen, als die Klöster-Unterthanen zu leisten. Unter dem Titel „Kläfterlensgeld“ wurde ein Frohnsurrogatgeld auf alle frohnpflichtige immediate Stadt-Unterthanen für das Fällen und Beiführen des Holzes für Garnison, Kanzleien und des Besoldungsholzes umgelegt. Nun sind alle Frohndienste theils in Geldabgaben verwandelt, theils abgelöst. Die Gülten sind sehr verschieden, sogar auf ein und derselben Markung. Auf den Äckern der vormaligen Klosterorte lasten sie schwerer als auf denen der Ulmischen. Von vogteilichen Gefällen kommen vor, eine Ordinaristeuer in Asselfingen, Feuerhaber in Altheim und Neenstetten, Feuerkorn in Neenstetten und Weidenstetten, Vogthaber und Feuerhennen in Ballendorf,

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ulm. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1836, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ulm_Seite_060.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)