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oder das sg. Dominium Saulgau. In der östreichischen Kanzleisprache wurde die Stadt zu den östreichischen Donaustädten gezählt. S. Riedlingen S. 100. Als vorderöstr. Municipalstadt war Saulgau unter das Ober- oder Kreisamt Nellenburg gestellt. Im Übrigen regierte sich die Stadt selber durch ihren eigenen Magistrat ziemlich unabhängig, und übte alle die obengenannten Rechte, auch das Jagd- und das Abzugsrecht in ihrem Gebiete aus, ohne daß ein herrschaftlicher Beamter Theil an der Verwaltung gehabt hätte, wie sich denn außer einem Zolleinnehmer (s. u.) überhaupt kein solcher in der Stadt befand[1].

Der Stadtmagistrat war, wie in den übrigen Donaustädten, aus dem innern und dem äußern Rath zusammengesetzt, dem noch ein Collegium von 10 Bürger-Repräsentanten zur Seite stand. Die Wahlen geschahen von der gesammten Bürgerschaft. Der Vorstand des Magistrats und die erste obrigkeitliche Person war der Burgermeister; ein Syndikus hatte den Vortrag in gerichtlichen und politischen Sachen. In schweren Criminalfällen wurden zwei benachbarte Rechtsgelehrte beygezogen. Der Rechtszug gieng an das vorderöstr. Appellationsgericht in Freyburg; der Recurs von polizeilichen Erkenntnissen zuerst an das Kreisamt. Die Finanzverwaltung war unter zwey Kassenämter – die Seckelamtskasse und die Steueramtskasse, vertheilt.


  1. Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit erstreckte sich jedoch nur über Saulgau und die Orte Moosheim und Wilfertsweiler; in Schwarzach hatte die Stadt nur die niedere und in den übrigen Besitzungen gar keine Gerichtsbarkeit. Auch in den erstern Orten, so wie in der Stadt selber, war die Gerichtsbarkeit auf den Etter beschränkt; außerhalb Etters und in den übrigen Orten war sie von alten Zeiten her bey der Grafschaft Friedberg geblieben, von der selbst auch auf die Gerichtsbarkeit in den Orten Moosheim und Wilfertsweiler Ansprüche gemacht wurden. Auch das Jagdrecht wollte von Seiten der Grafschaft Friedberg streitig gemacht werden. Durch ein schiedsrichterliches Erkenntniß vom Jahr 1716 wurde aber der Streit dahin entschieden, daß die österreichische Landesherrschaft die hohe, die Stadt aber die niedere Jagd haben solle, wobey dieser jedoch auch jene von der Herrschaft wieder, mit Ausnahme der Forstgerichtsbarkeit, als Lehen gegen jährliche 50 fl. überlassen wurde.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Saulgau. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1829, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Saulgau_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)