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seinen Zwifalter Annalen mittheilt (P. I. p. 217.), wurde der Graf durch ein besonderes Familien-Unglück zu der Stiftung veranlaßt. Seine Söhne, zwey Knaben gingen von dem Schlosse Altenburg aus, wo Hugo seinen Sitz hatte, an die Lauter zu baden. Nach dem Bade legten sie sich in einer Schuppe am Flusse aufs Heu und schliefen ein. Indeß wurde neues Heu eingeführt, und die schlafenden Kinder wurden damit bedeckt. Vergeblich suchte man sie mehrere Wochen lang; die trostlosen Eltern gelobten, zur Ehre Gottes und der heiligen Jungfrau ein Kloster zu stiften, wenn ihnen die Gnade würde, ihre Kinder lebend oder todt zu finden. Im folgenden Frühjahre wurde das Heu in der Schuppe geholt und man fand die Knaben todt nebeneinander liegen. Hugo seines Gelübdes eingedenk, stiftete nun das Kloster Mariaberg. Er bestimmte dazu das Eigenthum von Mariaberg mit der Vogtey und allen Gütern.

Neben der Montforte Stiftungs-Urkunde aber hat man noch eine zweyte Urkunde,[1] wonach die Stiftung mit denselben Gütern von Graf Wolfrad dem ältern, von Vöhringen, gemacht worden wäre. Allein vermuthlich war dieß blos eine, den Verhältnissen angemessene, Übergabe der Güter durch die Hand Wolfrads und eine damit verbundene stillschweigende Verzichtleistung auf Ansprüche. Die in dem Montfortischen Archiv davon aufbewahrte Abschrift ist wirklich auch nicht Stiftungs-, sondern Übergabsbrief überschrieben und in der Urkunde selber nennt der Graf von Vöhringen sein frommes Werk eine Contraditio und sagt, daß der Graf Hugo von Montfort und seine Miterben die Güter ihm übertragen haben. Beyde Urkunden sind zu Constanz, die Montfortische den 6. April, die Vöhringische den 7. April 1265 ausgestellt. Das Andenken Graf Hugos, als Stifters, wird noch durch ein in dem Kloster aufgehängtes Ölgemählde geehrt. Übrigens nennt in einem Schreiben vom Jahr 1628 die Priorin des Klosters neben den Grafen von Montfort auch die Grafen von Vöhringen und von Würtemberg Stifter


  1. Sie ist auch abgedruckt in Neugart Cod. Dipl. II. 232. Nr. 988.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Stuttgart und Tübingen: , 1824, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Reutlingen_154.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)