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Weise entwickelt, wie in Ulm und in andern Reichsstädten. Wie dort, so gab es auch hier von alten Zeiten her zweierlei Einwohner – edle und nicht edle. Jene bestanden theils in den Nachkommen der Welfischen Lehens- und Dienstleute, die sich bei der Burg ihres Herrn niedergelassen hatten, theils auch aus solchen Edelleuten oder Freien, die von dem Land hinter den Mauern der Stadt Sicherheit gesucht hatten. Man nannte diese Einwohner, wie in Ulm, „Geschlechter,“ oder vorzugsweise „Bürger,“ während die übrige Einwohnerschaft mit dem Namen „Gemeine“ bezeichnet wurde. Wie natürlich, so war auch die Regierung und Verwaltung der Stadt in den Händen dieser Geschlechter. Erst später, als mit dem steigenden Wohlstande auch die Ansprüche der andern Einwohner stiegen, erhielten auch diese einigen Antheil an der Verwaltung. Es bildete sich jetzt in den reichen Kaufleuten und in den bedeutendern Gewerbsleuten ein Mittelstand, der wieder eine neue Abtheilung der Einwohner ausmachte, so daß sich die Einwohnerschaft in drei Klassen theilte: die der Geschlechter, die der Kaufleute und Honoratioren, und die der Zünfte; eine Abtheilung, die anfänglich den Zweck gesellschaftlicher Verbindung in besondern Gesellschafts- oder Trinkhäusern hatte, bald aber auch ihre politische Bedeutung bekam.

Die Gesellschaft der Geschlechter oder Patricier hieß, man weiß nicht warum „die Gesellschaft zum Esel;“ sie führte auch einen Esel im Wappen. Früher schon durch gemeinschaftliches Interesse verbunden, erhielt sie oder gab sie sich 1397 Statuten, den ersten „Eselsbrief,“ wovon der Inhalt bei Eben, H. III., S. 496 etc., nachgelesen werden kann.

In die Gesellschaft wurden auch auswärtige Edelleute aufgenommen, was um so weniger Anstand finden konnte, als, wie schon bemerkt worden, der Zweck der Gesellschaft zunächst der einer Trinkstube war.

Die letzten Patricier-Geschlechter, welche noch die Mediatisirung der Stadt erlebt haben, waren die Precht von Hochwart, v. Beck, v. Welz, v. Ortlieb, v. Knoll, v. Mertz,

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)