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Der Bauernkrieg verbreitete sich hauptsächlich auch über unsere Gegend. Zuvörderst nahmen die Weissenauischen, Waldburgischen und Montfortischen, dann auch die Landvogteiischen Bauern Theil daran. Der Truchseß Georg von Waldburg war bestimmt, ihnen zu beweisen, daß ihre Zeit noch nicht gekommen war; von Ulm an siegend, sie von Stellung zu Stellung drängend, lieferte er noch bei Altdorf ein Treffen, wodurch er ihnen am Ostertag 1525 den Unterwerfungsvertrag abdrang. Inzwischen hatten die Bauern an manchen Orten, insbesondere in dem Kloster Weissenau, gar übel gehaus’t; trotz ihres ausgesprochenen Grundsatzes: „Niemand beleidigen, sondern allein das heilige Evangelium handhaben und dem göttlichen Recht einen Beistand thun,“ plünderten und raubten sie Alles aus.

Die größten Verheerungen richtete jedoch auch hier der 30jährige Krieg an; besonders unglücklich war das Jahr 1646; 32 Regimenter Schweden zogen im Herbste unter Wrangel in die Stadt und Umgegend ein und verübten 11 Wochen lang alle möglichen Unthaten.[1] Auch der würtembergische Oberst Wiederhold hatte in diesem Jahr von Hohentwiel aus die Gegend empfindlich heimgesucht, mehrere Ravensburgische Orte, namentlich Bitzenhofen, Dankertsweiler und Zusdorf, wurden von ihm in Brand gesteckt. Noch zwei Jahre nach dem Westphälischen Frieden lag schwedische Besatzung in der Stadt; sie sollte die Vollziehung der Friedensbedingungen über die Religions-Verhältnisse sichern. Es fühlte daher auch insbesondere die Stadt die traurigen Wirkungen dieser 30jährigen Schreckenszeit, und nie wurden die ungeheuren Verluste wieder ersetzt, welche sie dadurch erlitt. Ihre Bürgerschaft war von 1400 meist reichen und wohlhabenden Bürgern auf 400 meist bettelarme Bürger herabgeschmolzen. Handel und Fabrication – es blühte insbesondere die Linnen-Fabrication

  1. Im Februar 1647 hatten Wrangel und Turenne eine Zusammenkunft in Ravensburg, um sich über ihre weitern Kriegs-Operationen zu berathen.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)