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hervorgegangen ist, wozu auch in spätern Zeiten noch einige Orte an der westlichen Grenze unseres Oberamts gehörten.

Die Welfen als Herren der Gegend von Ravensburg.

Die angebliche Abstammung der Welfen von den Trojanern, oder von der römischen Familie Catilina, die Erzählung von den 12 Kindern Isenharts und von dem Ursprung des Namens Welf, von Ethiko und seinem Sohne Heinrich mit dem goldenen Pfluge, und von dessen Erwerb von 4000 Mansus in dem bayerischen Gebirgslande, alles dieses, und noch vieles Andere gehört wohl mehr in das Reich der Fabeln und unhaltbarer Hypothesen, als in das der Geschichte. Nach den vorliegenden hist. Urkunden sind die Welfen die Nachkommen der alten Gaugrafen des Argen- und Linzgaus.[1] Dieses stellt sich noch mehr dadurch heraus, das alle ältern Schriftsteller den ursprünglichen Stammsitz der Welfen nach Altdorf und Ravensburg verlegen; daß, als die Familie der Grafen von Buchhorn ausstarb, diese Grafschaft als Erbe, nicht durch Gewalt, den Welfen zufiel; daß mit wenigen Ausnahmen das weite Gebiet des alten Argengaus, theils Allodial theils lehnherrliches Eigenthum der Welfen war; daß man endlich die Welfen im Besitze derselben Güter findet, in deren Besitz der alte Graf Ulrich des Argen- und Linzgaus im Thurgau und Alpengau war.

  1. Unter den neuern Schriftstellern, welche von dem Ursprunge des Welfischen Hauses handeln, verdient vorzüglich C. W. Böttiger „Heinrich der Löwe“ Hannover 1819 nachgelesen zu werden. S. 469 hält er es für wahrscheinlich, daß der Ursitz des Hauses die Julischen und Tyroler Alpen gewesen seyen, und allerdings ist bei der Frage über die Abkunft der Welfen deren großer Güterbesitz in dem bayerischen Hochlande und weiterhin sehr zu beachten. Gleichwohl kann man nicht anstehen, sich für unsere Gegend zu entscheiden und in dieser die Wiege des Welfischen Hauses anzunehmen. Aber eine andere Frage ist: ob man den Ursprung des Hauses, mit Herrn Dr. von Vannotti, dem wir hier folgen, von den Grafen des Argen- und Linzgaus ableiten, oder nicht vielmehr annehmen soll, daß diese Gaugrafen, theilweise wenigstens, aus dem Welfischen Hause genommen worden seyen, da die Gaugrafen gemeiniglich aus der Classe großer Allodialbesitzer gewählt wurden, für welche wir die Welfen zu erkennen haben.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_070.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)