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waren allgemein, Erblehen gab es keine. Ordentliche Bestellung des Lehengutes, Beibehaltung der katholischen Confession waren die einfachen Verbindlichkeiten des Lehenmanns, unwürdige Dienstbarkeiten waren sehr selten. Außerordentliche Fälle ausgenommen, blieb das Gut auf der Familie des Belehnten; für die noch nicht lehensfähigen Descendenten wurde durch Zeitpacht, gegen ein sogenanntes Sitzgeld, bis sie lehensfähig wurden, gesorgt. In der Regel kam der Erstgeborne auf das Gut. Nachgeborne hatten für den Nothfall stets ihre Heimath auf dem Hofe. Mit der Belehnung war eine Real-Leibeigenschaft des Lehenmanns verbunden; in den Weingartischen Ämtern bestand auch eine Personal-Leibeigenschaft, welcher Diejenigen unterworfen waren, die nicht in Folge eines Lehenbesitzes realleibeigen waren. Die in den Nebenhäusern der Weingartischen Schupflehenleute wohnenden Familien wurden dadurch leibeigen und zahlten ein jährliches Beisitzgeld.[1] Die gewöhnlichen Lehens- und Leibeigenschafts-Leistungen waren: Fruchtgülten, Ehrschätze, Mortuarien (Fall und Schlauf), Manumissions-Gelder , Küchen- und vogteiliche Gefälle, Schirm- und Beisitzgelder der Personal-Leibeigenen. Theilgarben, Theilgülten, Landachten, diese lästigen und lästigsten Abgaben, waren unbekannt. Die Kl. Weingartischen Personal-Leibeigenen hatten neben den Mortuarien noch

  1. Eine sonderbare Bestimmung, die aber ohne Wirkung blieb, enthält die s. g. Restabilitions-Verordnung der Kaiserin Maria Theresia vom 14 Novbr. 1750 für die Landvogtei Schwaben: „Und da man von Seiten dieser s. g. Lehensherrschaften sensim sine sensu anfanget, an ihre Lehensleute wirkliche Befehle von Lehensherrschaftswegen abzugeben; so ist es Unsere höchste Willensmeinung, daß das Wort Lehen und die davon vorkommende Denominationes gar abgeschafft und abgethan und dagegen Leibrecht, Leibherr eingeführt werden solle.“ Eine sehr wohlthätige Anordnung derselben Kaiserin war dagegen die Institution, wonach durch ihre als durch die Beamten der Souveränetät alle Acte des Lehenthums ihrer Hoheits-Unterthanen respicirt, controlirt, das Herkommen als Recht festgehalten, weiter gehende Ansprüche als Exactiones abgestellt und für Einhändigung richtiger Lehenbriefe gesorgt werden mußte. Dadurch erhielt der Unterthan einen Schutz, den er heutzutage kümmerlich in Processen erringen muß.
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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)