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zieht über den Kamm des genannten Vorsprungs durch einen Einschnitt zwischen dem Schloß und einer etwas höhern Kuppe hindurch, welche, nach Überbleibseln zu schließen, eine zweite, wahrscheinlich ältere Burg trug und mit dem Schloß mittelst einer hohen Brücke in Verbindung stand, deren steinerne Pfeiler noch jetzt sichtbar sind. Die ungemein vortheilhafte Lage läßt vermuthen, daß dieser Punkt schon von den Römern besetzt war. Von dem Schlosse sind noch bedeutende Stockmauern und einige Thürme vorhanden, deren einer noch bewohnt ist. Dabei steht ein neues Wirthschaftsgebäude, umgeben von einigen Garten-Anlagen, bei welchen zum Theil die Burgruinen sehr passend benützt sind.

So weit die Nachrichten reichen, war Burg und Herrschaft Marstetten,[1] wozu Aitrach, Ferthofen, Marstetten, Mooshausen mit Degenreute, Pfänders, Vogelheerd, Wald und ein Theil von Anhorn (Gemeinde Hauerz) gehören, ein Lehen des Stiftes Kempten. Ein Theil derselben ist schon 838 durch den oben bei Aitrach angeführten Tausch-Vertrag an dieses Stift gekommen. Marstetten selbst aber, die Burg mit Zubehör und dem Illerzoll wurde von Kaiser Rudolf 1281 Kempten geschenkt; dieß ist unsers Wissens die erste Erwähnung der Burg Marstetten an der Iller (Raiser Wappen u. s. w. S. 29), und wir vermögen nicht anzugeben, auf welche Weise dieser Besitz an den Kaiser und das Reich gekommen ist. Sieben Jahre darauf, 1288, erscheint ein Ludwig von Marstetten unter dem Kriegsvolk des Abts Conrad von Kempten, also ein Vasall oder Dienstmann desselben. (Haggenmüller, Gesch. von Kempten S. 109). Im Jahre 1294 wurde das Lehen von Abt Conrad an Bertold von Eisenburg verliehen, soll aber darauf (wenigstens theilweise) an die von Schellenberg und an die mit diesen verschwägerten Ellerbach gekommen seyn. Allein aus einer Urkunde (deren Copie im Rother Archiv lag, Stadelh. I. S. 95) ergibt sich, daß die Herrschaft, wenigstens zum größten Theile, sich in den Händen der Edeln von Lachen befand. Denn 1351 (bei Stadelh. wohl unrichtig 1381) verkauften die Vormünder Friedrichs


  1. Es ist ein alter, aber ungeachtet der Berichtigung in (Wegelins) historischem Bericht etc. I, S. 198 immer wiederholter Irrthum, der sich zu unserem Bedauern bis in die dritte Aufl. von Memmingers Beschr. von Württ. S. 699 fortgepflanzt hat, daß dieß die Grafschaft Marstetten sey, welche durch Heirath an die Dynasten von Neuffen kam. Die Grafschaft Marstetten oder richtiger Maurstetten lag um das ehemalige Schloß dieses Namens zwischen Memmingen und Weissenhorn an der Roth. Zu dieser Verwechslung hat außer der Namensähnlichkeit wahrscheinlich die Beziehung Anlaß gegeben, in welcher Clara von Neuffen zu Wolfegg und Wurzach stand. Siehe das letztere.
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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_266.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)