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Herren, Städte und Dorfgemeinden machten es möglich, daß in den Jahren 1682–1688 durch die Thätigkeit des Abtes Martin Ertle die Klostergebäude, wie sie größtentheils noch jetzt zu sehen sind, schön und solid erstanden. Von dem Kirchenbau s. oben. – Neue Wunden schlugen dem Kloster der spanische Successionskrieg in den Jahren 1702–4 und besonders die französischen Revolutionskriege zu Ende des vorigen Jahrhunderts, in deren Folge auch diese Reichsabtei das Loos traf, säcularisirt und in die allgemeine Entschädigungsmasse für die Verluste der Reichsstände auf dem linken Rheinufer geworfen zu werden.[1] Der letzte Prälat war Nikolaus Betscher, der 1803 pensionirt ward und 1811 starb.

Der Reichsstand, welchem Roth durch den Reichsdeputations-Hauptschluß 1803 als Entschädigung zufiel, war der Graf Ludwig von Wartemberg, der seine auf dem linken Rheinufer gelegene Reichsgrafschaft Wartemberg an Frankreich hatte abtreten müssen. Zugleich wurde der Graf mit einer Jahresrente von 8150 fl. auf Ochsenhausen angewiesen. Der Graf von Wartemberg († den


  1. Der jährliche Ertrag wurde im Entschädigungsreceß auf 38.850 fl. (roh 55.013 fl.) geschätzt. Außerhalb dieses Oberamtsbezirks besaß das Kloster (und besitzt die jetzige Standesherrschaft) den Kirchensatz mit den Zehenten in Heisterkirch, den Kirchensatz, Widdum und Antheil an den Zehenten in Mühlhausen, Antheil an Molpertshaus mit dem dortigen Kirchensatz, einzelne Lehengüter und Zehentrechte im jetzigen Oberamt Waldsee; Emishalden, Antheil an Kirchberg mit dem dortigen Kirchensatz, und einige einzelne Lehengüter im jetzigen Oberamt Biberach. Jenseits der Iller, im Kemptischen, die Dörfer Steinbach (mit einer berühmten Wallfahrt zu einem wunderthätigen Marienbild), Engelharz theilweise und Karrdorf. – Bei der Auflösung zählte der Convent mit dem Abt 31 Priester, 3 Novizen und 1 Laienbruder. – Das Kloster zählte früher und später manche tüchtige und verdiente Männer in seiner Mitte, die sich übrigens weniger durch die Pflege der Wissenschaften, als durch Eifer in der praktischen Seelsorge, durch Gewandtheit in Besorgung der politischen Angelegenheiten ihres Stiftes und Ordens, durch Einsicht und Thätigkeit in den Fächern der Landökonomie, der Baukunst u. dgl. hervorthaten. Als Schriftsteller sind hauptsächlich bekannt geworden: Wilibold Heß, Abt von 1782–89, Verfasser mehrerer kanonistischen und juridischen Werke, namentlich des seiner Zeit und in seinem Kreise sehr geschätzten „Reichsprälatschen Staatsrechts“; des Historikers Benedict Stadelhofer ist oben Erwähnung gethan. – Ungemein thätig war in den Zeiten des 30jährigen Kriegs für die Wiederherstellung der katholischen Klöster in Württemberg der Rothsche Conventual Georg Schönheinz, der für diesen Zweck in Wien unterhandelte (1628–30), aber darüber mit den Jesuiten in Streit gerieth. Aus diesem Anlaß erschienen von ihm mehrere Schriften. 1630 wurde er Prälat zu Adelberg, wo seine Bekehrungsbemühungen eine Zeit lang bedeutenden Erfolg hatten.
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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_178.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)