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Prälaten Wilibold Held in den Jahren 1783–86 erbaut, und ist unter anderem durch ein prachtvolles Hochaltarblatt, die Geburt Christi darstellend, durch andere Malereien (die Taufe Christi im Jordan, die Schöpfung Adams u. a.) von Weik aus München und Januar Zick aus Koblenz, und eine vorzügliche Orgel von Johann Holzhay, ausgezeichnet. Ihre Länge beträgt 165′, die Breite 74′, die Höhe 72′. Bemerkenswerth ist, daß bei dem ganzen Kirchenbau kein ordentlicher Architekt Dienste leistete, sondern der Prälat selbst mit einigen seiner Konventualen den Riß entwarf und die Ausführung leitete. Baufond ist keiner vorhanden, indem die Standesherrschaft die Bau- so wie die Kultkosten bestreitet. Dieselbe salarirt auch die nach Aufhebung des Klosters neu errichtete und anfänglich dem Landkapitel Dietenheim zugetheilte Pfarrstelle. Im Jahr 1816 verlor die letztere die Filialien Boschen und Senden, welche nach Hauerz, Landolzweiler, das nach Ellwangen, und im Jahre 1819 Ober-Mittelried, das nach Haslach ausgepfarrt wurde. Pfarr- und Meßnerhaus sind herrschaftlich. Die Pfarrschule befindet sich in einem im Jahre 1831 für diesen Zweck neu gebauten hübschen Hause; sie wird von einem Lehrer und einem Hilfslehrer besorgt. Auch ist eine Industrieschule hier eingerichtet. – Der Friedhof liegt 1/8 Stunde südlich an der Straße nach Haslach; an seiner Südseite erhebt sich die ansehnliche und geräumige St. Johanniskirche, die im Jahr 1737 zu bauen angefangen und 1742 vollendet wurde, gegenwärtig aber nur bei Begräbnissen gebraucht wird. Schon der Geschichtschreiber des Klosters ad an. 1741 beschwert sich über ihren langsamen, kostspieligen und gleichwohl unsoliden Bau, der bald nach seiner Vollendung wieder Reparaturen nöthig machte.[1] In den neuesten Zeiten ist eine bedeutende Ausbesserung auf gemeinschaftliche Kosten der Standesherrschaft und der Gemeinde vorgenommen worden. Noch steht in Mitten des Kirchhofs die alte Johanniskapelle, die Todtenkapelle genannt, welche von der Gemeinde unterhalten wird und zur Privatandacht dient. Sie wurde 1601 an die Stelle der im Jahr 1442 wieder hergestellten alten Frauenklosterkirche gebaut.


  1. Diese Erfahrung bestimmte den Convent zu dem oben angegebenen Verfahren bei dem Bau der Pfarrkirche zu St. Verena. Stadelhofer macht ad a. 1741 seinem Unwillen über die Praktik der Architekten in folgenden Worten Luft: haec ordinaria architectorum culpa est, ex aedificiorum continua reparatione commodum suum et aedificiorum reparationem aucupantium. Unde homines isti, ad invidiam cochlearum tardi, non aliud magis horrent, quam durabile et propere exstructum aedificium, et, cum eorum ingratiis tale construitur, plurima mala praesagiunt nusquam nisi in eorum marsupio existentia.
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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_172.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)