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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

noch erhalten; die Stadt hatte nur ein Thor, das an der Südseite, in der Nähe des jetzigen Gasthauses zum Ochsen stand.

Dann war der im nordwestlichen Stadttheile gelegene Kirchhof früher fest, hatte eine sehr starke Mauer mit Umlauf von 40–50′ äußerer Höhe, die in den Jahren 1830–60 allmählig abgetragen wurde; jetzt ist sie nur noch niedrig, aber die großen Quaderblöcke, aus denen sie aufgeführt, weisen in ein hohes Alter zurück; gegen Südosten steht noch über dem Eingang in den Kirchhof der viereckige Thorthurm, das Blockhaus genannt, mit spitzbogigem Durchgange, und trägt darüber an der Seite gegen die Stadt hin die Jahrszahl 1473; er dient jetzt als Ortsgefängniß; gegen Süden erhielten sich noch Spuren eines halbrunden Thurmes (Diebsthurm). Die inmitten stehende große Kirche bildet außer dem Chore, der im Jahre 1441 in tüchtigen gothischen Formen mit vieleckigem Schlusse und mit schön gehaltenen Strebepfeilern und Maßwerkfenstern aufgeführt wurde, ein sonst arg verstümmeltes und entstelltes Gebäude, dessen frühere Anlage nur noch mit Mühe zu erkennen ist. Das Langhaus der Kirche hat zwei Schiffe und zwar aus früher romanischer Zeit, ein Hochschiff und eine südliche Abseite; ein nördliches Seitenschiff scheint nie dagewesen zu sein, indem die leider sehr dick übertünchte Mauer der Nordseite fast ganz aus starken Buckelsteinen besteht. Die Südwand des Hochschiffes ruht auf schlichten Rundbogenarkaden mit breiten Pfeilern und darüber sind innen noch die alten romanischen Fenster des Lichtgadens sichtbar. Das Seitenschiff, theilweise noch von gurtenlosen Kreuzgewölben überdeckt, gewinnt gegen Osten an Breite und wird zu einem auf einer Säule ruhenden Doppelschiffe, dessen am Hochschiffe hinziehender Arm mit einer halbrunden Abside schließt, der andere Arm mit einer rechteckigen Kapelle; beide stoßen gerade an den Thurm, – sind mit dessen Mauer verwachsen, und bilden jetzt die Sakristei. An den westlichen gothisirten Theilen des Seitenschiffes steht 1530. Im Chor sind nur noch die Anfänge der Gewölbe erhalten, auf einem derselben steht das Holzbild des heil. Ulerich und am ersten nördlichen liest man das Jahr der Erbauung 1441. Der Triumphbogen ist groß und spitzbogig, bemerkenswerth sind auch die schönen gothischen Fließe, womit der Fußboden der ganzen Kirche bedeckt ist; ferner hängen im Chore die Rüstung, Stiefel, Harnisch, Sturmhaube, und zwei Fahnen des 1715 gestorbenen, um die Stadt durch schöne Stiftungen sehr verdienten Herrn von Wesen, dann zwei schöne Todtenschilde; auf dem einen liest man: A. d. 1569. am. 3. Septem. Entschlieff der E. und V. Georg Reinhart von Wöllwart; auf dem andern: Anno. Dmi. 1585. den 9. August Starb der Edell und vest Jerg Hainrich von Rottenburg, (nach dem Taufbuche puer nobilis geb. 1583, Sohn von Wolf Caspar von Rottenburg und Anna, geb. von Wöllwart). Dann ist

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_338.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)