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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Auch gegen überflüssiges Besuchen der Wirthshäuser und zu langes Sitzenbleiben, gegen Zu- und Umtrinken, Bubereien und Geschrei wurde geeifert; wer nach der Weinglocke sitzen blieb, zahlte 3 fl. Strafe; wer auf der Straße Nachts tumultuirte, wurde ins „Narrenhäuslein“ gesperrt; wer eine blanke Waffe zuckte, hatte vor der Weinglocke 1 fl., nach derselben 2 fl. Strafe zu zahlen. Schlechte Haushälter und Asoten stellte der Rath unter Pflegschaft, (kam’s zum Gant, so theilte man die Gläubiger in fünf Klassen).

Tabakrauchen wurde auch zu Gmünd ernstlich verboten, ohne Erfolg. Man beschränkte sich allmählig, es unerwachsenen Buben und jungen Leuten sowie an gefährlichen Orten zu verbieten. Das Branntweintrinken war schon vor 1700 eingerissen.

Gegen unnützes Kleidergepräng, besonders der Frauenzimmer, erging mancher Erlaß, wie auch gegen das Butzen – oder Fastnachtlaufen. Andererseits wollten ältere, würdige Gebräuche allmälig abgehen, und in Kleidermandaten wurde z. B. 1667 bestimmt, daß die Rathsverwandten wieder mit Mantel und Degen in die Sitzung kommen und daß keine Jungfrau ohne Kranz, kein Geselle ohne Mantel zum Tanz gehe.

Bei häuslichen Festen entwickelte man gern viel Gepräng; bei Taufen, Hochzeiten, Leichen begleiteten möglichst viele Verwandte, Nachbarn und Freunde (bei den Taufen blos Weiber) paarweise den Zug, bei Leichen auch einzeln, zum Theil mit Leichenkutten und Trauermänteln. Am festlichsten ging’s bei Hochzeiten zu – für welche das Gesetz galt: wer ohne Erlaubniß eine Auswärtige heirathet, verliert sein Bürgerrecht; die Frau muß ehlich geboren sein, ohne Leibeigenschaft, und 200 fl. beibringen. „Ehestiften“ war verboten. Besondre Hochzeitordnungen bestimmten die Zahl der Gäste, die Dauer und den Umfang des Hochzeitmahls und dergleichen mehr. Allmählig kamen die alten Vorschriften außer Geltung und fanden 1802 vollends ihr Ende, die Sitten und Gebräuche aber haben sich zum Theil erhalten.


Kirchliches.


Daß verfolgte Christen sich im 6. Jahrhundert in eine Felsenhöhle beim Salvator geflüchtet haben, ist eine ebenso haltlose Sage, wie des B. Rhenanus Angabe, zur Zeit Kaiser Karls M. sei ein Klösterlein bei Gmünd erbaut worden. Gleichfalls sagenhaft sind die Erzählungen von Erbauung der St. Johanneskirche auf der Stelle im Wald, wo der verlorne Ehering der Herzogin Agnes von Staufen gefunden wurde, s. ob. S. 239. Im Anfang des 12. Jahrhunderts hatte Gmünd sicherlich schon eine Kirche und eine Kapelle, wenn die Hypothese begründet ist, daß auf dem Platz der Johanneskirche vorher eine kleinere romanische Kapelle stand. Jedenfalls aber stand die älteste

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)