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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

und 5 Officianten-Dienstzimmer, sowie verschiedene Magazine und Räumlichkeiten zu ökonomischen Zwecken.

In der Verlängerung des westlichen Flügels dieses Gebäudes ist das Spital angebaut, in dessen erstem Stockwerk sich die Dienstwohnung des Unterarztes, nebst Badzimmer etc. befindet; das zweite Stockwerk enthält 4 Krankenzimmer für männliche Gefangene, nebst einem Ordinations- und einem Officiantenzimmer, und das dritte 6 Krankenzimmer für weibliche Gefangene nebst dem erforderlichen Dienstzimmer.

Die Dachräume sämtlicher Gefangenen-Gebäulichkeiten werden zu Magazinen und sonstigen ökonomischen Zwecken benützt.

Endlich befindet sich in dem vorderen Hofraum noch ein zweistockiges Gebäude, das sich mit der westlichen Giebelseite an die außerhalb der Mauer stehende Trainkaserne anlehnt; es enthält im ersten Stockwerk die Anstaltsküche mit Zugehörungen, im zweiten die Dienstwohnung des Hausmeisters.

Die Anstalt liegt freundlich und gesund; sie wird von Ost nach West von dem in einen Kanal gefaßten Sulzbach, welcher das zum Reinigen und zu Bädern erforderliche Wasser liefert, durchflossen; gutes und reichliches Trinkwasser spenden 4 laufende Brunnen.

Das Kloster Gotteszell kam mit Gmünd im Jahr 1802 an Württemberg, wurde 1803 säcularisirt und 1808 zur Strafanstalt zunächst für männliche Zuchthausgefangene eingerichtet, welchem Zweck es seit dem 1. September 1809 ununterbrochen dient, jedoch mit der im Jahr 1824 eingetretenen Ausdehnung auf gleichzeitige Aufnahme von weiblichen Zuchthausgefangenen. Es befinden sich demgemäß sämtliche zum Zuchthaus verurtheilte weibliche Personen mit einer Strafdauer von 4 Jahren bis auf Lebenszeit in der Anstalt.

Von den zum Zuchthaus verurtheilten Männern dagegen kommt etwa die Hälfte in das Zuchthaus Stuttgart, indem die zur Zuchthausstrafe verurtheilten Männer semesterweise abwechselnd nach Gotteszell oder Stuttgart eingeliefert werden, namentlich kommen seit der im Februar 1851 erfolgten Eröffnung des Zuchthauses in Stuttgart sämtliche auf Lebensdauer verurtheilten Männer, der festeren Bauart wegen, in das Zuchthaus Stuttgart.

Der mittlere Gefangenenstand beträgt gegenwärtig in Gotteszell 210 männliche und weibliche Gefangene, von denen die Männer mit Weben, Holzschnitzen, Schreiner-, Schuster-, Buchbinder- und Schreibereiarbeiten, die weiblichen Gefangenen mit Nähen, Cigarrenmachen, Goldpoliren, ältere Personen mit Stricken und Spulen beschäftigt sind.

Bei der Anstalt sind folgende Beamte, Diener und Dienerinnen angestellt: ein Vorstand der Anstalt, ein evangelischer Hausgeistlicher, der zugleich Lehrer ist, ein katholischer Hausgeistlicher, ein Buchhalter, ein Hausmeister, ein Unterarzt, ein Ober-Aufseher, 17 Aufseher,

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)