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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

wenig durchlassende Böden und auf den Hochebenen Lias mit fruchtbarer Lehmbedeckung.

Stubensandsteinbrüche sind mehrere vorhanden, Liaskalk und Liassandstein wird auf den Anhöhen gewonnen und Pflastersteine bricht man beim Sachsenhof und im Wald Häspeler.

Die große, von Südwest nach Nordost in die Länge gedehnte Markung ist mit Ausnahme der Hochflächen und der Thalebenen sehr bergig und daher großentheils mühsam zu bebauen.

Die Einwohner haben keine besondere körperliche Gebrechen oder Vorzüge, indessen entgeht die Menge hübscher Mädchen nicht leicht dem aufmerksamen Fremden. Personen von 80 und mehr Jahren giebt es manche in der Stadt.

Die Gmünder sind im allgemeinen fleißig, betriebsam und kirchlich gesinnt, nur mit der Sparsamkeit will es bei manchen nicht recht gehen, obgleich auch viele sich diese Tugend zu eigen gemacht haben. Die ehemalige Reichsunmittelbarkeit hat auch dem Charakter der Einwohner, wie allen früheren Reichsstädtern, den Stempel aufgedrückt, der erst in neuester Zeit sich zu verlieren beginnt, doch ist der eigentliche Gmünder immer noch sehr lebensfroh und läßt sich durch äußere Ereignisse in seinem Leben und Treiben nicht so leicht stören. Eine besondere Liebhaberei bilden die Fasnachts-Lustbarkeiten, bei denen großer Humor entwickelt wird; einem geborenen Gmünder geht das „Maskern“ über alles und lieber leidet er Mangel, als daß er sich dieses Vergnügen versagen würde. Andere Volksbelustigungen, wie das Eierlesen etc. sind abgegangen, dagegen wird das Scheibenschießen und Kegelschieben noch sehr lebhaft getrieben. Die allgemeine Kirchweihe findet im Oktober in Verbindung mit einem 3 Tage andauernden Jahrmarkt statt, seit alter Zeit ein Fest für die Gmünder. Außerdem feiert jede Gasse ihre besondere Kirchweihe, was mit den ehemaligen Klöstern und Kapellen in Verbindung stand. Diese Kirchweihen beginnen bald nach Pfingsten und dauern bis ins Spätjahr. Ehemals waren damit Tanzlustbarkeiten verbunden, jetzt bestehen die Feste nur noch darin, daß die Nachbarn, Verwandte und Handwerksleute, welche ins Haus arbeiten, bei den Wirthen der Gasse sich bei einer gebratenen Gans einen gemüthlichen Abend bereiten.

Was die Vermögensverhältnisse der Einwohner betrifft, so kann hier der Grundbesitz nicht maßgebend sein, indem die Stadt ein Industrieplatz ist und die Haupterwerbsquelle im Gewerbe besteht; man trifft hier neben vielen minder bemittelten Fabrikarbeitern mehrere reiche Fabrikbesitzer, Kaufleute und Privaten, wie auch einen zum Theil vermöglichen Bürgerstand. Der bedeutendste Grundbesitz beträgt etwa 60 Morgen; als eine Eigenthümlichkeit ist anzuführen, daß in unmittelbarster Nähe der Stadt größere geschlossene Gras- und Baumgüter von 10–30 Morgen vorkommen, welche sich in Einer Hand

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)