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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

in der Hand; zu Seiten Petri ist ein Adler, zu Seiten des Bischofs eine Schneiderscheere flach ausgeschafft. Die Pforte war bis dahin vermauert durch eine große, hübsche, spätgothische Grabplatte, worauf die Gestalt eines Geistlichen und am Rand umher die Inschrift: Anno. gracie. (1050) (d. h. 1500) Obijt. johannes. kirssenesser. caplan. ad. sanctum. spiritum. cui. anima. requiescat. in pace. hierauf folgt ein langes, nicht zu enträthselndes Wort. Der Grabstein gehört einem, noch im Jahre 1496 in Lautern gewesenen Pfarrer Joh. Kirssenesser. (S. die Ortsbeschr. von Lautern). Außer den schon angeführten Skulpturen bedecken zum Theil sehr verwitterte Darstellungen die Lisenen, die glatten Umrahmungen, sowie sogar die Wulste der Portale; es ist meist fabelhaftes Gethier: Drachen, Sirenen, Skorpionen, Schweine, Stiere, Affen, Hunde, Vögel, namentlich Pfauen, Hähne, Falken. An der Umrahmung des Hauptportals ist in der Kapitellhöhe noch zu erkennen ein Centaur, der den Bogen spannt und hinüberschießt nach einem andern, der sich mit dem Schilde deckt und sein Schwert schwingt; dann sind endlich an der Wand über dem Hauptportal zu schauen, die Darstellung einer Hirschjagd, dann St. Georg, den Lindwurm mit der Lanze tödtend, und weiter oben der Teufel, ein Männlein, (das Volk sagt, den Baumeister), an der Nase packend. (Näheres siehe die Aufnahmen im XII. Jahresheft des Württemb. Alterthumsvereins, Taf. 41–42).

Betrachten wir nun die Langseite der Kirche. In langer und stolzer Reihe ziehen sich an den schön gefügten Quaderwänden des Oberschiffes je elf bedeutende, gedrückt spitzbogige Fenster hin, ihre tiefe Einschrägung wird außen von kräftigem Rundstab gefasst, und als Bekrönung der Wände läuft ein Zahnschnittfries und ein trefflich abschließendes Kranzgesimse hin, bestehend aus starkem geflochtenem Rundstab und hoher, auch mit Flechtwerk verzierter Kehle. Wenige Hochschiffwände romanischer Bauten wirken so schön und harmonisch. Von ähnlich edler Pracht sind die Wände der Seitenschiffe, und zwar ist hier die Nordseite, wo das Veitskirchlein stand, einfacher gehalten, als die zur Schauseite angelegte des höheren und breiteren Südschiffes. An der Nordseite theilen flache, zum Theil mit verwitterten Skulpturen bedeckte Wandstreifen die von vielen ganz schmalen gedrücktspitzbogigen Fensterschlitzen durchbrochene Mauer, die oben abgeschlossen wird durch einen schönen, mit Skulpturen erfüllten Rundbogenfries, und ein reiches, dem am Oberschiff ähnliches Krönungsgesimse. Das Gesimse wurde, wie das des Oberschiffes, meist aus alten Stücken, der Rundbogenfries streng nach alten Mustern gefertigt. An der Südseite vertreten frei vor die Mauer gestellte, am schlanken Schafte zierlich gewirtelte Rundsäulen die Stelle der flachen Wandbänder; sie haben weiche gedrückte Basen mit Eckblättern und hohe mit Blättern umlegte Kapitelle, nur die Säulen an beiden Ecken sind

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)