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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd


Epidemien kamen in früheren Jahren mehrfach vor, namentlich in den hochgelegenen Orten Iggingen und Göggingen, wo das Frieselfieber sehr stark auftrat und jetzt noch, jedoch weniger zahlreich, erscheint. Ebenso kam früher der Typhus in den gleichfalls hochgelegenen Orten Spreitbach, Durlangen, Straßdorf, Rechberg und Wißgoldingen sehr häufig epidemisch vor, auch noch in den letzteren Jahren zeigte er sich, jedoch seltener; seine Form war gewöhnlich die des Abdominal-Typhus.

Unter diesen früher vorgekommenen Epidemien war die verbreitetste und häufigste die der Ruhr mit sehr gefährlichem Charakter und vermischt mit zahlreichen Fällen von Cholerinen; sie erscheint beinahe noch jedes Spätjahr, jedoch nicht mehr so zahlreich.

In den letzteren Jahren traten häufig Ausschlagskrankheiten, Masern und Scharlach auf, sowie in weiterer Verbreitung und über den ganzen Bezirk ausgedehnt die Pocken. Indessen hat das Verhalten der eigentlich epidemischen Krankheiten in unserem Bezirk nichts Eigenthümliches.

In der kalten Jahreszeit herrschen pneumatische Affektionen katarrhalischer und entzündlichen Natur, in der warmen die gastrischen Fieber und in den Übergängen der beiden Jahreszeiten kommen diese Formen vermischt vor.

Unter den chronischen Krankheiten sind die Katarrhe am häufigsten, nach ihnen die gastrischen Leiden, namentlich die Magenkatarrhe; endlich ist die Lungentuberkulose eine sehr häufige Krankheit. Die Skrophel-Krankheiten kommen in der Oberamtsstadt am zahlreichsten vor; Bleichsucht ist selten; Epilepsie ist eine nicht häufige Erscheinung, dagegen nehmen die Geisteskrankheiten in neuerer Zeit überhand; Spuren von Kretinismus finden sich in Leinzell.

Die Lebensweise der Bezirkseinwohner ist im allgemeinen einfach und mäßig; hauptsächlich Brodsuppen, viele Gemüse, Kartoffeln, saure Milch, Mehlspeisen, und von diesen vorzugsweise Spätzlen (Klöse) etc. bilden die Kost der Landbewohner; Fleisch kommt selten vor, doch in neuerer Zeit mehr als früher. Bier und Obstmost wird viel getrunken, weniger Wein und Branntwein. Kaffee ist sehr im Gebrauch, bei den Landbewohnern jedoch sparsamer, als in der Oberamtsstadt.

Was den moralischen Charakter der Bezirkseinwohner betrifft, so ist dieser im allgemeinen gut; man trifft bei ihnen viel Fleiß, Sparsamkeit und kirchlichen Sinn; nebenbei ein heiteres, geselliges und freundlich entgegenkommendes Wesen, was sich hauptsächlich auch bei den Bewohnern der Oberamtsstadt ausspricht und dort zuweilen die Grenzen etwas überschreitet. Die Vorliebe für Musik und Gesang ist allgemein und in mehreren Orten, namentlich in den beiden Städten, bestehen Liederkränze und Musikgesellschaften. Tanzbelustigungen

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)