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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

der eine der schönsten Aussichten nicht allein in unserem Bezirk, sondern auch an der ganzen Alb hin gestattet; das Auge schweift hier gegen Nordosten über das herrliche Land am Fuß der Alb, gegen Norden an die großartigen, zerrissenen Albbildungen, wie der Scheuelberg und der Rosenstein mit ihren Vorbergen, gegen Westen aber erheben sich die Kaiserberge, Stuifen, Rechberg und Staufen, in einer großartigen Gruppirung und mit ganz klassischen Umrissen, wie sie kein anderer Punkt so herrlich wieder erblicken läßt.

Vom Bernhardusberg wandern wir auf den Hornberg und auf das sog. kalte Feld, wo sich allenthalben die schönsten Aussichten darbieten; am westlichen Fuß des kalten Felds beginnt nun der auch in landschaftlicher Beziehung so interessante Gebirgsarm, welcher von der Alb weit in das Land hinausragt, und dem noch einzelne von der Alb losgetrennte Berge, wie in die Welt hinaus geschickte Kinder, die immer noch den Charakter des Mutterlandes (Alb) an sich tragen, aufgesetzt sind. Von ihnen erscheint zuerst Granegg, ein freistehender, nicht hoher aber schroffer Hügel, mit ebener, beinahe dreieckiger Kuppe, auf dem einst eine Burg stand. Die Aussicht ist hier gerade nicht ausgedehnt aber überaus reizend, einerseits in das schöne Waldstetter Thal, auf der entgegengesetzten Seite in das Christen- und Wißgoldinger Thal, auch tritt der kahle, längliche Stuifen, den wir jetzt besteigen wollen, nahe heran und erhebt sich gewaltig über den bescheidenen Granegghügel.

Auf dem ganz schmalen, scharfkantigen Grat des Stuifens genießt man eine weit ausgedehnte herrliche Aussicht, gegen Osten an die nahe gelegene Alb, gegen Süden und Südwesten in das Lauterthal, hinter dem sich die Alb fortzieht und bis zur Teck hinauf sichtbar ist, gegen Westen nimmt sich der Rechberg und der Staufen ergreifend großartig aus und gegen Norden reicht der Fernblick wieder über das Remsthal hinweg an den Welzheimer Wald, die Löwensteiner Berge bis zu dem Schwarzwald und Odenwald.

Den Stuifen verlassend, ersteigen wir den nur 1/2 Stunde entfernten kahlen, langgestreckten Rechberg, auf dessen höchster Kuppe die weithin sichtbare Wallfahrtskirche und das heimlich-wirthliche Pfarrhaus stehen; hier eröffnet sich nun dem Wanderer eine vollkommene Rundsicht, nach allen Seiten erscheinen die reizendsten Landschaften wie eine Reliefkarte ausgebreitet und hier ist zugleich die Stelle, von der man mit geringer Ausnahme den ganzen Oberamtsbezirk überschauen kann.

Schon der Blick in die nächste Umgebung ist von der größten Schönheit: hinab auf die fast unzähligen Hügel, Kuppen, Thäler und Thälchen, mit ihren dunklen Tannenwäldchen, fruchtbaren Auen, sanften Wiesengründen, wo überall, von herrlichen Obstbäumen versteckt, Dörfer, Weiler, Gehöfte und Mühlen reizend zerstreut liegen,

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Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_029.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)