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Der Ort Gutenzell hat gute, meistens zweistöckige aus Backsteinen erbaute Häuser. Kloster, Schloß, Kirche, Pfarrhaus, Jägerhaus, ehemalige Oberamtei und die Ökonomiegebäude mit einer Brauerei und Mühle sind mit einer Mauer umgeben und sämmtlich Eigenthum des Standesherrn. Das gräfliche Schloß ist das ehemalige Gasthaus des Klosters, die Pfarrkirche ist die Klosterkirche. Die Kirche ist 200′ lang und 75′ breit, vielfach verziert und mit einem Hauptaltar und fünf Nebenaltären versehen. Auch befinden sich darin viele Grabmäler, namentlich auch von den Rittern v. Aichen. Die Baulast der Kirche und des Pfarrhauses hat die Grundherrschaft. In die Pfarrei gehören sämmtliche Gemeindeparzellen mit Ausnahme des der Pfarrei Kirchberg zugetheilten Glaserhofs. Der Ort ist Sitz eines gräflichen Rentbeamten und Jägers, einer Schule und Industrieschule, hat eine große Schildwirthschaft, eine gutsherrliche Brauerei, eine Hammerschmiede, eine Mahl-, Säge- und Lohmühle und eine Leinwandbleiche. Das Clima ist rauh und der Boden steinig. In dem Kloster befinden sich noch einige Frauen und Schwestern; sonst war es in der Regel mit 24 Frauen und 12 Schwestern besetzt. Es war eine weibliche Cisterzienser-Reichsabtei mit Sitz und Stimme auf Reichs- und Kreistagen, das von zwei Schwestern aus dem gräflichen Geschlecht der v. Schlüsselberg ums Jahr 1230 gestiftet worden ist. Dieses Geschlecht hatte zwei Schlösser in der Nähe, eines auf dem noch jetzt so genannten Schloßberg, östlich von Gutenzell im dichten Wald liegend, und noch Spuren des ehemaligen Schlosses zeigend, das andere Schlüsselberg, östlich 3/4 Stunden vom anderen entfernt, an der Stelle, wo jetzt der Begräbnißplatz und eine Capelle ist, und noch die Schloßgräben zu sehen sind. Das Schloß Moosbach, zwischen Kirchberg und Balzheim auf Kirchberger Markung, 11/2 Stunden von Gutenzell, von welchem noch Spuren zu bemerken sind, scheint derselben Familie gehört zu haben. [1] Der Prälat von Salmannsweiler


  1. Nach Herrn v. Raiser waren die Schwestern aus dem berühmten Geschlecht der Grafen oder Ritter v. Aichen, Aichheim, Iller-Aichheim, von denen das Kloster auch mit Gütern begabt wurde, s. unten.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Biberach. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1837, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Biberach_201.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)