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worden, und von den 22 Thürmen, die früher die Stadtmauern zierten und der Stadt ein Ansehen gaben, stehen außer den 4 Thorthürmen nur noch zwei. Außerhalb der Thore sind nur einzelne Wohngebäude, eigentliche Vorstädte hat die Stadt nicht. Die Anlage der Stadt ist unregelmäßig, die Straßen sind meist krumm, eng und ohne Plan angelegt. Die Häuser sind größtenteils von Holz, dadurch, daß in den letzten 8 Jahren viele verblendet wurden, hat die Stadt ein freundlicheres Aussehen gewonnen. Die Stadt ist durchaus mit Gerölle gepflastert und von dem Schwarzbach und Wolfenbach oder Biberbach, zum Theil auch von der Riß bewässert. Sie enthält 791 Gebäude, darunter 585 Wohngebäude. Die Haupt- und öffentlichen Gebäude, welche besondere Erwähnung verdienen, sind folgende:

die Pfarrkirche: eine ansehnliche Kirche mit 8 Altären, sie ist beiden Confessionen gemeinschaftlich. Im Jahr 1110 fing man den Bau derselben zu Ehren der Mutter Gottes und des heil. Martins an.[1] Im Jahr 1466 sind die zwei Seitenkapellen neben dem Chor gebaut worden: die Scherrich’sche und die Klaufliegel’sche; 1474 wurde die katholische Sacristei angebaut, abgebrochen und neu gebaut 1772. Im Jahr 1475 wurde der Chor, der bisher eine hölzerne Decke hatte, gewölbt. Die Pfarrkirche hatte damals 17 Altäre. Den 10. Mai 1584 schlug der Blitz in den Thurm, der ganze Thurm, der damals 4 Spitzen hatte, sammt 6 Glocken und der Uhr, auch die Orgel und ein großer Theil des Einbaues der Kirche wurde ein Raub der Flammen. Im Jahr 1585 ward der Thurm und die Kirche wieder hergestellt. Die neue


  1. Nach einer in der Kirche hängenden, von Zeit zu Zeit reparirten Tafel mit folgenden Reimen:
    Anno 1110. Diese Zeit war ich auferbauen
    Ganz künstlich anzuschauen,
    Stund mehr dann künstlich 400 Jahr
    Henricus Quintus Kayser war.
    Anno 1584. Glück und Nichtglück kommt von Gott,
    Gottes Feuergewalt bracht mich in Noth,
    Erbärmlich sah ich dieser Gestalt,
    Da ich war 474 Jahre alt.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Biberach. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1837, Seite 066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Biberach_066.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)