Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schloß Fachsenfeld gehöriges Holz Pfannenstiel. In Folge einer sehr unglücklichen Spekulation der Grundherrschaft wurde es im vorigen Jahrhundert ausgerodet und eine Kolonie gegründet. Wer irgend Lust hatte, erhielt von dem Grundherrn ein Stück Boden zur Erbauung eines Hauses, auf welches bestimmte Abgaben gelegt wurden nebst der Frohnpflicht. Natürlich fanden sich nur arme, heimathlose Leute ein, um von dieser Unterkunft Gebrauch zu machen. Viele ließen sich überhaupt nur gegen Bezahlung einiger Gulden in den herrschaftlichen Schutz aufnehmen und zogen alsobald weiter, um durch allerlei Kleingewerbe, durch Bettel und Diebstahl ihr Fortkommen zu suchen. In Folge der neuern strengern Polizei und Heimathsgesetze wurden nun auch diese Leute alle als Fachsenfelder Schutzverwandte hieher zurückgewiesen und es nahmen somit die neuen Ansiedlungen an Einwohnerzahl immer zu, während der Bodenraum sich nicht dehnen ließ. Die ganze Markung von Pfannenstiel umfaßt 72 Morgen Allmand und 51/2 Morgen Gärten und Länder, worauf noch 139 fl. 41 kr. grundherrliche Gefälle ruhten. Früherhin gab das Wollen- und Baumwollenspinnen noch Gelegenheit zu einem ordentlichen Verdienst, seit aber die Maschinenspinnerei auch diesem ein Ende gemacht hat, ist die Noth um so größer geworden. Die herumziehenden Gewerbe werfen auch immer weniger ab, und da in vielen Familien das frühere landstreicherische Leben jede Neigung zu anstrengender Arbeit ertödtet hat, so nahmen bald gewerbsmäßiger Bettel, Holzexzesse und Diebstähle überhand. Als Nahrungsmittel werden auch Hunde, Katzen und (selbst gefallene) Pferde benützt.

Bei solchen Zuständen konnte es nicht anders kommen, als daß die Pfannenstieler und Fachsenfelder bald im ganzen Lande berüchtigt wurden und daß auch die Ordentlichen schon um dieses Aber’s willen auswärts um so schwerer Arbeit finden konnten. Natürlich ist zwischen der altansässigen vorzugsweise landbauenden Einwohnerschaft und den fast besitzlosen neuen Ansiedlern wesentlich zu unterscheiden. Je hoffnungsloser aber die Lage dieser Leute war, um so mehr nahmen auch Unsittlichkeit und Polizeivergehen jeder Art, Diebstähle u. s. w. überhand, während allerdings schwere Verbrechen kaum vorkommen. Als seit 1818–19 nähere Untersuchungen über die heruntergekommensten Orte des Königreichs angestellt wurden, mußten vom Oberamte Aalen Fachsenfeld und Pfannenstiel sowie Armenweiler in die Liste der 24 allerärmsten Gemeinden aufgenommen werden (1824), welche als unfähig sich selber zu helfen, unter besondere Staatsfürsorge kommen sollten. Sehr weise richtete man diese Thätigkeit vorzugsweise auf das heranwachsende Geschlecht durch Gründung von Industrieschulen,

Empfohlene Zitierweise:
: Beschreibung des Oberamts Aalen. J. B. Müller's Verlagshandlung, Stuttgart 1854, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Aalen_246.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)