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Schule zu halten hatte[1]. Eine Kirche oder ein größerer Betsaal war nicht vorhanden, daher man in den fünfziger Jahren mit Erbauung einer Kirche umgieng, umsomehr, als auch etwa 440 badische Evangelische der Umgegend nach Hohentwiel eingepfarrt waren. Da aber Baden für diese in Singen u. a. O. eigene Pastorationsstellen errichtete, so kam der Plan nicht zur Ausführung, und auch der Pfarrverweser wurde 1871 vom Hohentwiel abberufen, die Einwohner nach Singen eingetheilt; doch so daß der Stadtpfarrer von Tuttlingen noch alle 4 Wochen Predigt und Kinderlehre in Hohentwiel hält.

Die Gemeinde hatte von 1800 an einen dem Oberamt Tuttlingen unmittelbar untergeordneten Vorsteher; 1805–1810 gehörte sie zu Singen und zum OA. Stockach, doch seit 1807 mit eigenem Vogt; 30. Nov. 1810 kam sie wieder zu Tuttlingen; 1830 zur Stadtgemeinde Tuttlingen, welches Verhältnis in Folge des Gesetzes vom 18. Juni 1849 noch genauer geregelt wurde.

Mit Hohentwiel gehört zu Tuttlingen die Exklave

Bruderhof.

Diese Staatsdomäne, eine halbe Stunde östlich vom Hohentwielberg in der Ebene gelegen, umfaßt neben 738 Morgen Wald auf württembergischem Boden und 3091/2 M. Wald auf badischem Gebiet, für welche ein K. Revieramts-Assistent hier seinen Sitz hat, ein ebenfalls verpachtetes Gut von 171 M. Äcker und Wiesen, wovon 67 Morgen, meist Wiesen, auf badischem Gebiet. Die von Obstbäumen umgebenen Gebäude bestehen aus einigen Bauernhäusern und Scheunen und der freundlichen Wohnung des Revieramts-Assistenten. Die Einwohner


  1. Die isolirte Stellung dieser Geistlichen führte je und je zu Besonderheiten in Amt und Leben; für geistigen Verkehr waren sie hauptsächlich auf die Schweiz angewiesen (vgl. Stokar, Leben von Spleiß). Doch ließ es die Behörde nicht an Aufsicht fehlen. Nov. 1811 mußte der Pfarrverweser sich verantworten, warum er dem ehmaligen König von Schweden, Graf Gottorp, zu Hohentwiel die Kommunion gereicht; August 1817, warum er, durch die aus der Schweiz verwiesene Frau von Krüdener und ihre Anhänger angesteckt, solche Dinge mache, daß Kirche und Schule leer bleibe, z. B. beim Gebet in der Kirche knien lasse, Evangelische und Katholiken mit: „Gelobt sei Jesus Christus“ begrüße u. dgl.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 578. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0578.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)