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möglichst Besitz von ihm zu ergreifen. Mit den scharfen Splittern der Feuersteine schärften diese ältesten Anwohner die Geweihstücke der Renthiere und schufen sich Geräthe aus den Knochen. Bei dem Fehlen der Hausthiere und aller Geräthschaften, die auf Ackerbau und feste Wohnsitze hinweisen, hat man wohl Grund, sich unter den Erstlingen, welche am Twiel sich aufhielten, Jäger und Nomaden vorzustellen, die nur vorübergehend zur besseren Jahreszeit die Gegend besuchten. 1

Die ältesten Menschenspuren, welche auf der kühnen, von Anfang an fast unzugänglichen Bergspitze des Hohentwiel selber sich finden, weisen schon auf eine Zeit, in welcher der Ackerbau getrieben wurde und die Menschen auf den Bergeshöhen ihren Göttern Opfer brachten. Zwar nur Scherben sind es von Geschirren, von Töpfen und Tellern, und zersplitterte Knochen von Rindern, Hirschen, Schweinen und Schafen, welche in einer 30 Cm. hohen Aschen- und Kohlenschichte am Rande der höchsten Bergkuppe unter den mittelalterlichen Festungswerken ausgegraben werden, zum größeren Theil aber früher schon zum Zweck der Festungsbauten abgegraben und den Berg hinuntergeschüttet wurden, so daß sie heutzutage am Fuß des Felsens in der großen Schutthalde liegen, die von der nordöstlichen Ecke der Felsenspitze sich bis zur Thalsohle herabzieht. Bei näherer Untersuchung der Reste aus der Schutthalde sowohl als aus der ursprünglich auf der Bergspitze liegenden Kulturschichte, wird man durch die vollkommene Übereinstimmung überrascht, welche diese Reste mit denen der Pfahlbauten aufweisen. Das Rosgarten-Museum in Konstanz bietet reiche Gelegenheit, die Pfahlbaureste der Rauheneckbucht, des Zeller Sees und des Oberen Sees mit den Funden auf den Berghöhen zu vergleichen. Es zeigt dann die Vergleichung die Übereinstimmung in 1) der Bearbeitung des Hirschgeweihs. Die Geweihe ganz gewaltiger Edelhirsche sind mit höchst rohen (Stein-) Werkzeugen vom Schädel abgetrennt und angearbeitet, die Basis am Rosenstock ist mit Vorliebe zur Darstellung eines Hornhammers verwendet und zum Einstecken des Stiels in der Mitte glatt durchbohrt, die Zinken sind gespitzt und vornehmlich gerade Zinken hiezu ausgewählt; doch wurden auch gekrümmte Zinken belassen, beide aber an der Basis geringelt, um durch ringförmige Kerben Anhaltspunkte für die Befestigung der Spitzen zu haben. 2) Die Röhrenknochen des Hirsch, namentlich dessen Mittelhand- und Mittelfußknochen, desgleichen die Griffelbeine des Pferdes sind zu den reizendsten Pfriemen, Nadeln, Meißeln

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 523. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0523.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)