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zur Zeit des Aschenregens auf der Oberfläche überrascht und zugedeckt wurden. Anderwärts im Hegau läßt sich allerdings die Anwesenheit von Süßwasser deutlich nachweisen, aber bei der Hohentwiel-Eruption scheint kein anderes Wasser als der Regen auf die niedergefallene Asche eingewirkt zu haben. Die Masse der ausgebrochenen Asche und der den Aschenregen begleitenden Auswürflinge ist ganz gewaltig. Die Tufffläche der Vorburg ist 629 m über dem Meere. Die Maierei liegt 534 m hoch. Im Niveau der letzteren steht Molasse-Sandstein auf den nahen Feldern an. Bei der Eruption bedeckte hienach die Asche zum mindesten 100 m hoch die damalige Erdfläche auf weite Entfernung hin, bis gegen das Ende der Eruption der Phonolith als schwerflüssiger Teig in dem Tuffkrater aus der Tiefe gehoben wurde. Andere Vorgänge bei der Eruption als wir bei noch thätigen Vulkanen beobachten, werden wohl auch früher nicht stattgehabt haben, d. h. der Aschenregen gieng auch im Hegau der Lavabildung und dem Austreten derselben voraus. Die Thatsache, daß die Aschen-Massen am Hohentwiel sowohl als am Hohenkrähen und Mägdeberg stets im Westen der Phonolith-Kuppen sich abgelagert finden, kann ihre Erklärung wohl am richtigsten darin finden, daß während der Aschenausbrüche vorherrschend Ost- und Nordostwinde wehten, welche die Aschenmasse nach Westen und Südwesten legten. Außerdem muß aber auch der späteren Erosion namentlich zur Gletscherzeit gebührende Rechnung getragen werden, indem die Bildung der heutigen Glockenberge und Felsenkegel rein unerklärlich wäre, wollte man sich die Entfernung der Tuffe schon zur Zeit der Phonolithbildung als eine vollendete Thatsache vorstellen. Es geht offenbar nicht an, die Auftreibung eines Felsendoms in die freie Luft sich denken zu wollen, denn eine wenn auch noch so zähflüssige Lava hätte sich alsbald horizontal ausgebreitet und wäre nicht als isolirter Berg 2–300 m hoch in sich selbst aufgestiegen. Es wird daher die Annahme einer die Spitzen der Phonolithberge noch hoch überragenden Tuffmasse, welche die aufquellende Lava umschloß, sehr nahe gelegt. Im Krater der aufgeworfenen Aschenhügel erstarrte nach dem Erlahmen der vulkanischen Thätigkeit die flüssige Masse, rings umschlossen von den Kraterwänden des Tuffs. Als aber die spätere Erosion den leicht zerstörbaren Aschenmantel entfernte, trat der kristallinische Kern der erstarrten Lava frei zu Tage, je länger je mehr zum isolirten Fels sich gestaltend, wie er heute vor unsern Augen steht. 1

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 520. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0520.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)