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Das Klima gehört zu den ziemlich milden des Bezirks und erlaubt einen mäßigen Anbau von Obst, das jedoch durch schädliche Frühlingsfröste öfters leidet; Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten. Der Himmelberg bildet eine Wetterscheide.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben und ist in erfreulichem Fortschritt begriffen; außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln wird noch Gips, Hallerde, Kompost und Asche verwendet; die Düngerstätten sind meist eingemacht und die Jauche wird sehr sorgfältig gesammelt. Fast alle Pflugarten sind im Gebrauch, am häufigsten der amerikanische Wendepflug; verbesserte Ackergeräthe, Dreschmaschinen und namentlich Futterschneidmaschinen haben Eingang gefunden.

Man baut vorherrschend Dinkel, Haber und Ackerbohnen, ferner Weizen, Roggen, Gerste, Wicken und Linsen; außerdem Kartoffeln und Rüben; der Futterkräuterbau ist ziemlich bedeutend, man zieht dreiblättrigen Klee, Luzerne, Esparsette, auch Wicken als Grünfutter. Reps, Mohn, Hanf und Flachs, in neuerer Zeit auch etwas Hopfen. Jährlich können 400–600 Scheffel Dinkel, 50–80 Scheffel Gerste, und 500–600 Scheffel Haber, auf den Schrannen in Tuttlingen und Villingen Stadt, verkauft werden.

Der Wiesenbau ist sehr ausgedehnt und liefert ein ausgezeichnetes Futter; sämtliche Wiesen sind zweimähdig, doch ohne Bewässerung; es kann noch Futter nach außen verkauft werden. Gärten mit Blumen und Gemüsen sind ebenfalls vorhanden; an einem Hause zieht man auch Reben an einer Kammerz, die im Jahr 1874 über 200 reife Trauben trug.

Die Obstzucht nimmt zu, man pflanzt hauptsächlich den rheinischen Bonapfel, dann Goldparmänen und Gräfensteiner, von Steinobst besonders Zwetschgen, doch leiden die Bäume viel durch Frühlingsfröste. Das Obst wird gemostet, wozu von außen noch zugekauft werden muß, oder auch gedörrt. Eine eigene Baumschule und ein Baumwart bestehen.

Die Gemeinde besitzt 816 Morgen Wald, meist Nadelholz, wovon jährlich 350 Klafter Scheiter- und Prügelholz und etwa 3000–4000 Stück Durchforstungswellen geschlagen werden. Sämtliches Holz wird verkauft und der Erlös an die Ortsbürger vertheilt, jeder erhält jährlich 15–20 Gulden. Aus Abholz, Windfällen u. s. w. löst die Gemeinde noch jährlich 200–300 Gulden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 447. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0447.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)