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nachdem ihn sein Vater für einen wissenschaftlichen Beruf vorbereitet hatte, mit gutem Erfolg die Lehranstalten der Universität Freiburg. Von dort aus trat er ohne Vorwissen und zur großen Betrübnis seiner Eltern, freiwillig als Dragoner in französischen Kriegsdienst, von welchem er sich jedoch mit großer Lebensgefahr alsbald wieder selbst befreite und nach Bayern entfloh. Hier verheiratete er sich mit einer Witwe, deren Vermögen ihm die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien verschaffte. Mit außerordentlichem Fleiß widmete sich der verheiratete Student der Mathematik und den verwandten Wissenschaften. Nach einer literarischen Fehde mit Bohnenberger in Tübingen verbanden sich in den 1790er Jahren die beiden Gelehrten zur ersten trigonometrischen Aufnahme Süddeutschlands und Herausgabe der heute noch geschätzten „Charte von Schwaben.“ 32 Blätter (von 54) sind von Ammann aufgenommen und gezeichnet. Die Arbeit verschaffte ihm bald die ehrenvolle Aufnahme in den bayerischen Staatsdienst, dem er mit Auszeichnung lange Jahre angehörte, bis er im hohen Alter 1840 in Dillingen starb. (Nach Mittheilungen des Herrn Rentmeisters Wieser, eines Ammann’schen Verwandten[1].) 1

Ein interessantes Kulturbild nach Entstehung, Blüte und Fall bietet die Wallfahrt Mariahilf auf dem Welschenberg. (Nach Wieser Msc.). Die Andacht knüpfte sich seit älterer Zeit an eine schöne Eiche auf dem Plateau des Welschenbergs, welche nacheinander mehrere Gnadenbilder trug, besonders ein Marienbild mit Abbildung des Städtchens Sichem in Südbrabant, dessen Lage mit Mühlheim Ähnlichkeit hatte. (Daher ohne Zweifel auch der Name Welschenberg, wogegen die Übersetzung mons Italicus nichts beweist.) Am 12. Aug. 1649 setzte Stadtpfarrer Ge. Walther von Mühlheim dieses Bild in eine Nische der Eiche. 1652 baute er eine Kapelle über dieselbe und erhielt vom Bischof von Konstanz das Recht, darin Messe zu lesen und die Sakramente zu ertheilen. Schon 1654 kamen etwa 800 Personen (Gaißer). Die Kapelle erhielt den Namen Mariahilf und wurde unter konstanzische Aufsicht gestellt. 11. Sept. 1661 konnte eine größere, steinerne Kirche eingeweiht werden. Walther war 21. Febr. 1659 gestorben und in seiner Kapelle begraben worden. Konstanz sprach die ganze Wallfahrt als Eigenthum an und verwaltete ihr Vermögen geheim. Angestellt waren 2 Priester (ein Direktor und ein Pönitentiar), nebst einem Laienbruder, welche bei der Wallfahrt wohnten; sodann 1 Organist, 2 Chorknaben, 1 Klingelbeutelführer aus Mühlheim. 1683 ward durch Enzberg eine Herberge gebaut, dazu eine Reihe offener Buden. An den Festtagen war der


  1. Von Ammanns Brüdern starb einer als k. k. österr. Militärarzt, einer als k. k. österr. Straßen- und Wasserbau-Inspektor von Tirol und einer als griechischer Major in Griechenland.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0388.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)