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großartige[1], so daß im Jahre 1804 nach dem vom Landbaumeister Uber entworfenen, vom Kurfürst Friedrich, der 13. und 15. Febr. selbst in Tuttlingen war, revidirten Plane die ganze Stadt schöner wieder aufgebaut werden konnte.

1809 zogen wieder Franzosen durch und 1814 und 1815 die Heere der Alliirten. Vom Mai bis Nov. 1815 allein wurden im Bezirke 253.359 Mund- und 179.831 Pferdsrationen abgegeben, woraus geschlossen werden kann, daß dieselben in den französischen Kriegen jener Zeit zusammen sich nach Millionen berechnen. Noch 1818 zogen Tausende von Österreichern durch Tuttlingen aus Frankreich der Heimat zu. – 30. Juni 1828 fiel in ein Haus der oberen Vorstadt der von G. Schwab im Gedicht verewigte Blitzschlag; die Getödteten waren in Wirklichkeit Großmutter, Mutter, deren ledige Tochter und die 8 Jahre alte Tochter eines anderen Bürgers. König Wilhelm kam zufällig an demselben Nachmittag durch Tuttlingen und bewies den Leidtragenden durch ein königliches Geschenk seine landesväterliche Theilnahme.

In Betreff der inneren Entwicklung der Stadt können folgende geschichtliche Notizen gegeben werden. Tuttlingen war ehedem, wie auch aus der bisherigen Geschichte hervorgeht, wohl befestigt, und wurde deswegen Kleinbreisach genannt. Es hatte doppelte Mauern, starke Thürme, guten Wall, das obere Thor war mit zwei großen Thürmen verwahrt. (Schmid). Im 15. Jahrh. war die Pflasterung der Stadt mangelhaft, denn es verbaten sich die Tuttlinger die Gegenwart Kaiserlicher Majestät Friedrichs III. demüthig unter dem Vorwande, daß sie für seine geheiligte Person weder eine anständige Wohnung noch Lebensmittel genug hätten. Der Kaiser ließ sich dadurch nicht irren. Aber er sah bald ein, was der eigentliche Grund der Vorstellungen gegen seinen Durchzug gewesen. Die Pferde giengen bis an die Kniee im Straßenkothe, und Friedrich sagte lächelnd, jetzt sehe er erst, daß man aus lauter Devotion ihm den Durchzug habe wehren wollen (Cleß, Culturgeschichte 2 b, S. 656, mit Berufung auf Bebel’s Facetien). 1582 dagegen hatte die Stadt ohne Zweifel ein Pflaster, da solches auch bei dem neuerrichteten Kornkasten angelegt


  1. Es giengen zusammen 85.737 fl. 25 kr. ein, worunter 10.000 vom Kurfürsten, 3000 fl. vom Kirchenrath, 150 Louisdor „von einem Ungenannten, der auch in der Entfernung den wärmsten Antheil nimmt an Allem was in seinem Vaterlande geschieht, W. W.“ (Wilh. von Württ., damals in Paris.)
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0283.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)