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dem Abgeordneten der Stadt Tübingen Vollmacht auf. Anfangs Mai 1800 kamen die Franzosen wieder in unsere Gegend (vgl. Hohentwiel). Sie schlugen am 3. die Österreicher bei Engen und Stockach. Am 4. Mai früh zog sich eine österreichische Abtheilung nach einem Gefechte in der Gegend von Stetten auf Tuttlingen zurück, am folgenden Tag rückte Ney von Mauenheim gegen Tuttlingen vor und bemächtigte sich dieses Orts; die Österreicher zogen sich über Neuhausen zurück, bei welchem Orte ein Gefecht zwischen den Truppen des Generals Ney und denen des Erzherzogs Ferdinand von Österreich vorfiel. Ney nahm am Abende dieses Tages sein Hauptquartier in Neuhausen, der linke Flügel seiner Division stand bei Mühlheim. Fortwährend folgten der vorrückenden französischen Armee Verstärkungen, welche zum Theil Requisitionen erhoben. Die Kriegsnoth hauptsächlich trieb in diesem und dem folgenden Jahre aus mehreren Amtsorten, namentlich Schwenningen, Oberbaldingen, Öffingen, etliche hundert Personen zur Auswanderung nach preußisch Polen. Ein volles Jahr dauerten diesmal die Quartierlasten; nach dem Frieden von Luneville beim Heimmarsche der Franzosen wieder bis zum 3. Mai 1801. Von der in der Baar einreißenden Viehseuche blieben Tuttlingen und Neuhausen verschont. Dafür traf jenes am 1. Nov. 1803 wie ein Blitz aus heiterem Himmel der härteste Schlag. Der Tag war hell bei scharfem Nordost, und gerade auf der Nordostseite der Stadt, im Haus des Kaufmanns Jo. Tob. Luithlen, brach Abends vor 5 Uhr beim Schmalzaussieden ein Brand aus, der sich so schnell verbreitete, daß um 1/28 Uhr die ganze innere Stadt in Flammen stand. Das Donauthor stürzte zusammen und das andere Hauptthor, das Engener, reichte nicht zu, um viele Effekten zu flüchten, geschweige Wasser zum Löschen zuzuführen. Mit Mühe wurden die beiden Vorstädte gerettet, in der oberen brannten noch 4 Häuser ab. Es verbrannten alle (250) Gebäude der inneren Stadt, die öffentlichen Kassen und Registraturen. Von 700 Bürgern verloren 500 oder 2197 Menschen nicht nur ihre Wohnungen, sondern die meisten auch ihre Kleider und Betten, alle ihre Hausgeräthe, Wintervorräthe, Waaren, Handwerkszeuge. Nicht einmal alles Vieh wurde gerettet, und 2 Menschen kamen in den Flammen um. Die abgebrannten Gebäude waren ohne die Kirche mit 333.000 fl. versichert. Die werkthätige Theilnahme für die Verunglückten war bei Behörden und Privaten des In- und Auslandes eine

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tuttlingen. H. Lindemann, Stuttgart 1879, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtTuttlingen0282.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)